Das Ganze muss Spaß machen
Gestärkt ins neue Jahr
Stress im Beruf, Alltagsbelastungen – vieles nagt an der inneren Kraft. Wie sich diese stärken lässt und was das mit guten Vorsätzen zu tun hat, verrät ein neues Buch.
Weniger Alkohol, mehr Sport, Verzicht auf Süßes – viele fassen zum Jahresanfang gute Vorsätze und geben bald auf. Warum gute Vorsätze meist scheitern und wie man sie erfolgreich in die Tat umsetzt, das ist für den Berliner Psychiater Henrik Walter auch eine Frage der Resilienz. Jeder könne sie aktiv beeinflussen, so Walter.
Resilienz definiert er als eine Art psychisches Immunsystem. In seinem Buch „Resilienz zwischen Coach und Couch“ erläutert der Leiter des Fachbereichs „Mind and Brain“ an der Berliner Charité, was jeder selbst für sein persönliches Wohlbefinden, Glück und Sinnerleben tun kann.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Ratgebern will der Hirnforscher Hilfestellung geben, wie jeder ins Tun kommen kann und damit auch die innere Widerstandskraft stärkt – auch ohne Coach oder Therapeuten. Eine Voraussetzung: Wer mental gesund sein möchte, sollte den eigenen Körper gut behandeln – durch ausreichend Bewegung und Schlaf sowie gesunde Ernährung. Körperliche Aktivitäten – wie Sport oder sanfte Berührungen – sorgten für die Ausschüttung von körpereigenen Opioiden. Zugleich würden neurobiologische Mechanismen in Gang gesetzt, die wiederum das psychische Wohlbefinden beeinflussten.
Um resilienter zu werden, müsse man grundsätzlich etwas neu, anders oder besser machen. Das gewohnte Verhalten zu ändern, sei aber schwierig. Auch das Wissen um richtiges Verhalten reiche noch nicht zur Verhaltensänderung. Zudem neigten Menschen gerade unter Stress dazu, in alte Gewohnheiten zurückzufallen.
Menschen sind oft erst zu einer Veränderung bereit, wenn es gesundheitlich eng wird.
Nach Beobachtung Walters sind Menschen oft erst zu einer Veränderung bereit, wenn es gesundheitlich eng wird – nach einer Krebsdiagnose, einem Herzinfarkt oder einer schweren Depression. Warum muss erst etwas passieren? Der Psychiater kennt den Grund: Änderungen der Lebensweise würden als Verzicht auf Liebgewonnenes, Selbstkasteiung oder unangenehme Anstrengung erlebt. All dies erschwere es, wider besseren Wissens neue und gesündere Verhaltensweisen und Einstellungen einzuüben.
Beispiel Sport: Jeder weiß, dass man sich nach einer Sporteinheit meist besser fühlt. Dennoch siegt oft der innere Schweinehund. Um ein Gesundheitsverhalten zu ändern, wird aus Sicht von Walter ein wichtiger Aspekt oft übersehen: Das Ganze muss Spaß machen. Quäle man sich zum Sport, helfe alles Wissen um die Vorteile von Bewegung nichts. Positive Erlebnisse seien für das Durchhalten entscheidend.
Dasselbe bei der Ernährung. Walter outet sich, früher nur ungern Salat gegessen zu haben. Erst als er Salate kostete, die ihm auch schmeckten, änderte er sein Essverhalten. Diese positive Wechselwirkung sei entscheidend. In anderen Fällen ist auch eine Willensanstrengung gefragt. Etwa wenn eine unangenehme Situation wie das Lernen für eine Prüfung ausgehalten werden muss. Oder auch, um der Versuchung zu widerstehen, etwas im Moment Angenehmes zu tun, dass langfristig negative Folgen haben wird – wie das Naschen beim Fernsehen.
Um diesem Dilemma zu entkommen, muss laut Walter schon die Willensanstrengung positiv unterfüttert sein. Demnach reicht es also nicht, nur zu wissen, dass man sich später gut fühlen wird – man muss es schon während der Willensanstrengung fühlen. So komme es zu einem Belohnungserleben, das wiederum eine Konditionierung automatischer Verhaltensweisen oder die Stärkung von Überzeugungen über unsere eigenen Fähigkeiten bewirke, erklärt der Hirnforscher.
Die mit neuem Verhalten verbundenen Bemühungen müssten eine emotionale Wirkung entfalten – etwa Spaß machen oder als belohnend erlebt werden. Zudem sei ein unterstützendes Netzwerk hilfreich, Freunde, aber auch ein Coach oder Therapeut.
Zugleich wirbt Walter für einen realistischen Blick und das Erkennen der eigenen Grenzen. Verbissen an einem Ziel festzuhalten, kann mitunter kontraproduktiv sein. Wer ständig starken Widrigkeiten trotzen muss, um seine Ziele zu erreichen, wird in der Regel einen Preis dafür bezahlen müssen. Wer sich durch einen permanenten Kampf selbst schädige, kann sich also fragen, ob dies im eigenen Interesse sei. Manchmal halten wir zu lange durch, verschließen uns besseren Alternativen und verhindern dadurch einen positiven Ausgang, sagt Walter. Er empfiehlt stattdessen diese Strategie: „Wir sollen erkennen, was wir durchhalten können, wann wir uns ändern müssen und wann wir aussteigen sollten.“ Angelika Prauß/KNA/Red.
Henrik Walter: „Resilienz zwischen Coach und Couch. Wie wir heute noch psychisch gesund bleiben können. Und warum Ratgeber bisher enttäuscht haben“, Becker Joest Volk Verlag, 325 Seiten, 28 Euro.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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