Interview
„Es gibt jetzt noch freudvolle Momente“

DGKP Petra Schweighofer leitet das Pflege-Team der Palliativ-Station im LK Scheibbs und betreut schwerkranke Menschen in den letzten Wochen und Tagen ihres Lebens. Im Gespräch mit „Kirche bunt“ erzählt sie über „Palliative Care“ und die Begegnungen mit dem Sterben.

Auf der Palliativ-Station herrscht eine überraschend positive Stimmung. Es wird geplaudert, gescherzt und gelacht. Aus einem Zimmer klingt Musik. „Eine Patientin hört gerne Lieder. Gestern haben wir für sie sogar ein Lied gesungen“, erklärt Pflegeperson Petra Schweighofer lächelnd. Woher kommt die Fröhlichkeit an einem Ort wie diesem und wie ist es, hier zu arbeiten? Stationsleiterin Petra Schweighofer gibt einen Einblick in die Station und in ihren beruflichen Alltag.

Frau Schweighofer, was versteht man eigentlich unter „palliativ“ und ab wann wird ein Patient palliativ behandelt?

Schweighofer: Patienten, die zu uns auf die Palliativ-Station kommen, kommen zur Behandlung von Symptomen wie Übelkeit, Schmerzen, Schwindel usw. einer bereits austherapierten Erkrankung. Im Unterschied zum Hospiz bleiben Patienten in ihrer letzten Lebensphase maximal drei Wochen bei uns. Wir haben Platz für maximal acht Personen; die meisten Patienten haben eine Tumor-Erkrankung.

Was brauchen Palliativ-Patienten im Besonderen?

Schweighofer: Zum einen plagen natürlich Symptome wie Atemnot oder Juckreiz. Zum anderen kommen Patienten auch hierher zur Krankheitsbewältigung nach einer schweren, unheilbaren Diagnose. Es geht darum, die Diagnose zu verarbeiten und zu schauen, was man jetzt für eine gute Lebensqualität tun kann. Dafür haben wir ein interprofessionelles Team: Pflegepersonen, die rund um die Uhr da sind, Palliativ-Mediziner, eine Psychologin, eine Diätologin, Physiotherapie, zwei katholische Seelsorgerinnen, eine Musik-Therapeutin und eine Hunde-Therapeutin, ehrenamtliche Helfende vom Hospiz-Verein in Scheibbs ...

Wie gehen Sie persönlich mit den vielen Abschieden in Ihrem Beruf um?

Schweighofer: Wir würdigen die Verstorbenen z. B. mit einem Gedenk-Ort auf der Station. Mit schön gestalteten „Verabschiedungsdecken“ kann ich den verstorbenen Menschen bedecken – das ist liebevoller als ein einfaches Leintuch.

„Im Austausch lerne ich für mein Leben.“

Ich arbeite seit 2006 auf der Palliativ-Station, seit 2008 als Stationsleitung der Pflege. Für mich persönlich ist die Verbindung zur Natur hilfreich – durch die Dachterrasse und die Balkone vor den Zimmern. Wenn mich etwas belastet, gehe ich hinaus auf die Terrasse, atme durch, schaue in die Natur. Die Begegnungen mit den Menschen gehen ja zu Herzen. Auch der Humor im Team tut gut. Wir haben viel Freude bei der Arbeit, und wir möchten den Patienten auch Freude machen. Viele denken: „Oh Gott, da ist jemand sterbenskrank!“ Aber es gibt auch jetzt noch viele freudvolle Momente, und die Patienten sind dankbar, wenn wir das Lachen in die Zimmer bringen. Der Austausch mit den Palliativ-Patienten und deren Angehörigen ist für mich sehr wertvoll; hierbei lerne ich für mein Leben.

Was haben Sie denn bisher gelernt?

Schweighofer: Dass das Leben begrenzt ist, dass es jederzeit zu Ende sein kann. Die Arbeit stellt mir immer wieder die Aufgabe, über mein Leben nachzudenken: Wo stehe ich? Was möchte ich? Wie kann ich mich verhalten und wie handeln? Dieses Lernen gibt mir die Kraft, in der Palliativ zu arbeiten. Außerdem ist es schön, jemandem zu helfen und dafür ein Danke zu bekommen.

Ist der Tod für Sie zu einem Teil des Lebens geworden?

Schweighofer: Ja, ich denke, schon. Viele Menschen schieben das Thema weit von sich weg. Durch meinen Beruf werde ich ja jeden Tag damit konfrontiert und auch „draußen“ werde ich oft danach gefragt. Meistens fühle ich mich – auch durch meinen Glauben – gestärkt und zuversichtlich; mitunter stelle ich mir aber auch die Frage: Wie wird es danach sein?

Das medizinische Ziel kann ja nicht mehr die Heilung sein. Wie gehen Sie persönlich damit um?

Schweighofer: Ich will da sein, zuhören und den Weg ein Stück weit gemeinsam mit den Patienten und Angehörigen gehen. Froh macht mich, wenn der Patient Freude verspürt, wenn ich z. B. ein Achterl Wein organisiere, einen Becher Eis oder eine Handvoll Schnee in einer Nierenschale.

Was kann man für einen schwerkranken Patienten medizinisch tun?

Schweighofer: Wir können Symptome wie zum Beispiel Atemnot, Übelkeit oder Schmerzen lindern. Wir achten auch auf religiöse Bedürfnisse. Auch Angehörigenarbeit steht im Vordergrund.

Haben Sie die Angst vor dem Sterben verloren?

Schweighofer: Ich kann mir jetzt noch nicht vorstellen, wie es für mich sein wird. Im Moment habe ich keine Angst. Ich hoffe, dass dann die richtigen Menschen um mich sein werden und mich begleiten. Aber jetzt steht das Leben im Vordergrund! Berührend finde ich immer wieder den zufriedenen Gesichtsausdruck vieler verstorbener Menschen. Das Gesicht ist nicht nur entspannt, sondern zeigt manchmal sogar ein Lächeln.

Autor:

Patricia Harant-Schagerl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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