Erzählung
Anmut im Dirndl
An diesem Sonntag war ich, gerade fünfzehn, zeitig aufgestanden und lang vor acht schon gerichtet für den Kirchgang. So tändelte ich erst einmal ums Haus in Hof und Garten, den fein-kühlen Morgen dieses Sommertags sozusagen „verkostend“, den Himmel darüber in seiner Klarheit anzuschauen, der voll Verheißung war für einen schönen Tag.
Auf einmal höre ich Stimmen die Straße herankommen, Geplauder, Lachen – eine Gruppe junger Mädchen ist so früh schon unterwegs. Ihrer sieben oder acht sind es, sie füllen die ganze Breite der Straße. Näherkommend bemerke ich an der munteren Schar, sie sind alle im Dirndl, in der Tracht. Ein unerwartet froher Anblick, muss ich denken, für mich und unser Dorf, und das am Sonntagmorgen.
„Du, Mädchen!“, höre ich sie schon von Weitem rufen. „Sind wir hier eh richtig auf dem Weg nach Heiligenkreuz?“ Darauf ich: „Ja, freilich – es ist hier von Gutenbrunn nur noch ein kleines Stück, allerdings geht’s über den Berg!“ Ja, denn sie wollen in die Kirche, zur Messe. „In eure schöne Kirche!“, fügen sie hinzu. Weil ich aber ein bisschen wie überrumpelt dastehe vor so viel Freundlichkeit und vor so vielen für mich „großen Mädchen“ rundum, klären sie die Situation, indem sie sich vorstellen: Sie kämen vom Schloss Sitzenberg, sagen sie, also aus der Nähe, von der höheren Mädchenschule dort, der Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe. Ja, sage ich darauf bewundernd, und ihr habt die schönsten Dirndlkleider an, die man sich nur vorstellen kann!
Danach gerät die Gruppe in Erzähl-Eifer: Das Gewand sei eine traditionelle bodenständige Bekleidung, und alles in der Schule selbst geschneidert, berichten sie nicht ohne Stolz. So weit vorhanden, jede Tracht aus der Gegend, woher die Trägerin stammt. Sie seien ja aus allen Bundesländern Österreichs an der Schule.
Die Begegnung war für mich schon vor der Messe ein heiliger Moment; wo nicht ich das Dirndl, sondern das Dirndl quasi mich gefunden hatte. Für immer. Was heißen soll: Es begleitete mich ab diesem Zeitpunkt mein Leben hindurch. In der Jugend – im mittleren Alter – und nun im Alt- und Älterwerden. Ob als schlicht-kariertes Alltagsdirndl oder als Festtracht – es vermag jeder Frau Anmut und Würde zu verleihen.
Margret Pfaffenbichler
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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