Sonntag
Eine paradoxe Intervention

Auch was für Menschen unmöglich scheint: Für Gott ist alles möglich. | Foto: iStock.com/Ken Tannenbaum
  • Auch was für Menschen unmöglich scheint: Für Gott ist alles möglich.
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28. SONNTAG IM JAHRESKREIS, LESEJAHR B – 13. OKTOBER

PSALM 
Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz. Kehre doch um, Herr! – Wie lange noch? Um deiner Knechte willen lass es dich reuen!

Sättige uns am Morgen mit deiner Huld! Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsre Tage. Erfreue uns so viele Tage, wie du uns gebeugt hast, so viele Jahre, wie wir Unheil sahn.

Dein Wirken werde sichtbar an deinen Knechten und deine Pracht an ihren Kindern.

Güte und Schönheit des Herrn, unseres Gottes, sei über uns!

Lass gedeihen das Werk unsrer Hände, ja, das Werk unsrer Hände lass gedeihen!

Ps 90 (89),12–13.14–15.16–17

1. LESUNG BUCH Buch der Weisheit 7,7–11
Reichtum achtete ich für nichts im Vergleich mit der Weisheit.

Ich betete und es wurde mir Klugheit gegeben; ich flehte und der Geist der Weisheit kam zu mir. Ich zog sie Zeptern und Thronen vor, Reichtum achtete ich für nichts im Vergleich mit ihr. Einen unschätzbaren Edelstein stellte ich ihr nicht gleich; denn alles Gold erscheint neben ihr wie ein wenig Sand und Silber gilt ihr gegenüber so viel wie Lehm. Mehr als Gesundheit und Schönheit liebte ich sie und zog ihren Besitz dem Lichte vor; denn niemals erlischt der Glanz, der von ihr ausstrahlt. Zugleich mit ihr kam alles Gute zu mir, unzählbare Reichtümer waren in ihren Händen.

2. LESUNG Hebräer 4,12–13
Das Wort Gottes richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens.

Lebendig ist das Wort Gottes, wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenken und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens; vor ihm bleibt kein Geschöpf verborgen, sondern alles liegt nackt und bloß vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schulden.

EVANGELIUM Markus 10,17–30
Verkaufe, was du hast, und folge mir nach!

In jener Zeit lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer der eine Gott. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, umarmte ihn und sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber gerieten über alle Maßen außer sich vor Schrecken und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich. Da sagte Petrus zu ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus antwortete: Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen. Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser und Brüder, Schwestern und Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben.

Lektionar für die Bistümer des deutschen Sprachgebiets. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Band II: Die Sonntage und Festtage im Lesejahr B, Freiburg u. a. 2020. © staeko.net

WORT ZUM EVANGELIUM 
„Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt“: Dieses bei Markus überlieferte Jesus-Wort gehört zu den bekanntesten Stellen des Neuen Testaments. Es bringt drastisch und in aller Klarheit auf den Punkt: Das Reich Gottes, das Jesus verkündet, hat auch ganz irdische und materielle Konsequenzen. Um das ewige Leben zu erlangen, sagt Jesus, reicht es nicht, die in der Tora aufgezeichneten Zehn Gebote zu erfüllen. Sondern er fordert in einem Zwiegespräch einen seiner Anhänger auf, darüber hinaus seinen materiellen Besitz aufzugeben. Als der Mann daraufhin traurig weggeht, weil er dieser Forderung nicht nachkommen kann, antwortet Jesus mit dem berühmten Kamel-Zitat. Er stößt seine Jüngerinnen und Jünger damit vor den Kopf, die dann bezweifeln, dass überhaupt jemand ins Reich Gottes kommen kann.

Für mich ist diese Redeweise Jesu aber eine paradoxe Intervention, die er dann selber anspricht: Für Menschen mag Derartiges unmöglich scheinen, aber „für Gott ist alles möglich“. Damit ist aber keineswegs gemeint, dass es der barmherzige Gott dann schon richten wird. Wenn Jesus drastisch redet, so sollen sich die Menschen auch im Wortsinn betroffen fühlen.

Eine zentrale Botschaft des Evangeliums lautet: Kümmert euch um die Armen, auch und gerade unter Preisgabe der eigenen materiellen Quellen. Hier bringt das Evangelium eine soziale und politische Botschaft direkt mit der Zukunftsverheißung des ewigen Lebens in Verbindung. Christinnen und Christen sind radikal gefragt – als Global Player, in Österreich und auch im ganz persönlichen Umfeld.

Otto Friedrich ist Religionsjournalist, er war bis April 2024 stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Furche“.

Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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