Passionsspiele St. Margarethen
„Es fühlt sich nicht wie Theater an“

Lange Haare und wild wuchernder Bart. Andreas Schalling, 29, wird heuer erstmals die Rolle des Messias verkörpern. Nervös sei er auf der Bühne nie, sagt er im martinus-Gespräch.  | Foto: PASSIONSSPIELE ST. MARGARETHEN
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  • Lange Haare und wild wuchernder Bart. Andreas Schalling, 29, wird heuer erstmals die Rolle des Messias verkörpern. Nervös sei er auf der Bühne nie, sagt er im martinus-Gespräch.
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Andreas Schalling will einmal im Leben bei den Passionsspielen St. Margarethen die Figur des Jesu spielen. Weshalb sich Männer aus dem Dorf genau überlegen, ob sie dazu bereit sind und warum ein Fitnessprogramm die Basis für die Darstellung des Messias ist, verrät der 29-Jährige im martinus-Gespräch. Plus: Der zweite Jesus-Darsteller Rupert Kugler wollte einst gar Priester werden und erfüllte sich mit dieser Rolle „einen Lebenstraum“.  

GERALD GOSSMANN

Der Automatisierungstechniker Andreas Schalling wird zum Messias. Jedenfalls für mehrere Wochen ab Ende Mai (siehe Infokasten). Der 29-Jährige will „einmal im Leben den Jesus spielen“, wie er im martinus-Gespräch erzählt.

Als Dreijähriger stand er zum ersten Mal auf der großen Passionsspielbühne im Römersteinbruch. Seither wirkte er bei jeder Festspielsaison (die im Fünfjahres-Rhytmus stattfinden) mit. Zuletzt mimte er den Apostel Johannes. Als der neue Regisseur danach fragte, wer sich die Rolle des Jesu vorstellen könne, zeigte Schalling schnell auf. Und das obwohl die Darstellung des Messias logischerweise mit einem Haufen Arbeit verbunden ist: „Jesus hat die Hälfte der gesamten Sprechszenen“, erzählt Schalling. Und auch körperlich wird er sehr gefordert. „Man hat als Jesus viele Wege zurückzulegen und wenig Zeit zur Rast.“ Ein Fitnessprogramm soll Abhilfe schaffen: Schalling will regelmäßig laufen gehen, um bei den Vorstellungen an den oft brütend heißen Sommernachmittagen topfit zu sein. Das alles sei mit ein Grund, erzähltSchalling, warum sich St. Margarethner Männer ganz genau überlegen, ob sie die Hand heben, wenn die Rolle des Messias verteilt wird. Das Gute daran: Wer den Jesus spielen will, hat intensiv darüber nachgedacht und stellt ihn in der Regel aus tiefer Überzeugung dar – mit viel Akribie und großer Leidenschaft.

Zwei Männer wechseln sich heuer ab. Rupert Kugler, 41, hatte diese Rolle schon vor sechs Jahren inne. Kugler ist ein gläubiger Mann, der einst selbst mit dem Gedanken spielte, Priester zu werden, dann aber Wirtschaft studierte. Mit der Darstellung des Jesus erfüllte sich für ihn ein Lebenstraum, den er bis heute sehr ernst nimmt. „Um Jesus spielen zu können, brauche ich die Hilfe aller Darsteller. Nur wenn alle stark spielen, kann auch Jesus stark sein. Wenn die anderen sich freuen, kann auch ich überzeugender lachen. Wenn sie mich glaubhaft beschimpfen, kann ich natürlicher auf sie losgehen.“ Jesus sei „ein Gemeinschaftsprojekt“. Das Passionsspiel vergleicht Kugler mit dem Glauben generell. „Auch den Glauben können wir nur gemeinsam leben.“ Wie viele andere in St. Margarethen stammt Kugler aus einer Passionsspieler-Familie. Seine Eltern und vier Geschwister wirkten mit, sein Vater war früher gar Regisseur der Aufführungen. „Wir stellen etwas dar, an das wir glauben und sind überzeugt, dass das wirklich geschehen ist und bis heute unser Leben entscheidend beeinflusst.“ Auch Schallings Familie „lebt seit Jahrzehnten die Passionsspiele“. Sein Vater Michael spielt heuer einen Emmaus-Jünger. „Zu zweit haben wir wahrscheinlich siebzig oder achtzig Prozent der Sprechpassagen“, erzählt Andreas Schalling. Vater und Sohn sind vordergründig mit Textlernen beschäftigt. Das eine, so beschreibt Schalling, sei es, die Sprechpassagen zu lernen. Das andere wäre, „diese auf der Bühne glaubhaft zu spielen“. Die Rolle des Jesu führe also zwangsläufig in die Tiefe. „Man setzt sich in dieser Zeit sehr mit der Bibel auseinander“, erzählt Schalling. „Man geht in sich und denkt mehr nach.“

Freundschaften entstehen. In St. Margarethen vertiefen Darsteller so ihr Glaubensleben. Die Menschen setzen sich mit der heiligen Schrift spielerisch auseinander. Die Festspielsaison sei immer eine prägende Zeit, bekräftigt Andreas Schalling. Schon als Schüler genoss er das Zusammenkommen. „Man hatte einfach viele Gelegenheiten, seine Freunde zu treffen.“ Unter den Darstellern entstehe ein „besonderes Gemeinschaftsgefühl“, betont der 29-Jährige. „Als ich den Johannes gespielt habe, waren wir unter den Aposteln auch hinter der Bühne immer zusammen. Da sind Freundschaften entstanden.“ Dazu kommen die vielen langhaarigen und bärtigen Männer, die sich ständig beim Greißler, beim Bäcker oder auf der Straße begegnen. Es herrsche dann eine „ganz besondere Stimmung“ im Dorf. Die Vorfreude bei Schalling ist jedenfalls groß. „Es ist schön, wenn die Besucherränge voll sind, das motiviert einen als Darsteller zusätzlich.“ Lampenfieber plagt ihn keines. „Ich war nie nervös auf der Bühne. Es fühlt sich nicht wie Theater an.“

Eine böse Figur spielen? Welche schöne Herausforderung könne auf ihn, den Messias-Darsteller, nach dieser Rolle eigentlich noch warten? Andreas Schalling will auf jeden Fall ein weiteres Mal den Jesus spielen. Ob ihn eine böse Figur reizen würde? Er weiß nicht so recht. Ungewöhnlich wäre das nicht. Herbert Gabriel, der einst den Jesus verkörperte, tritt heuer als Pontius Pilatus auf.

Autor:

Martina Mihaljević aus Burgenland | martinus

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