Besonderheit erklärt
Ein Adventkranz mit sechs Kerzen
Weshalb sitzt der burgenländische Priester Julian Heissenberger hier vor einem Adventkranz mit sechs (statt vier) Kerzen? martinus hat die Antwort.
Gerald Gossmann
17. November. Anruf beim aus Landsee stammenden Priester Julian Heissenberger, der gerade zu Studienzwecken in Rom weilt. „Ich wünsche dir eine wunderschöne erste Adventswoche“, frohlockt er ins Telefon. Kurzes Erstaunen beim Autor dieser Zeilen. Ist die Zeit tatsächlich so schnell vergangen, dass schon der erste Advent ins Land gezogen ist? Kurz darauf bimmelt das Handy: Ein Bild trifft ein, das Heissenberger mit einem Adventkranz zeigt, der sechs statt der hierzulande üblichen vier Kerzen trägt. Keine Sorge, beruhigt der Geistliche: Sechs Wochen zähle der Advent nur nach ambrosianischem Ritus „den ich in meinem Auslandsstudienjahr in Mailand vor einigen Jahren kennenlernen durfte“. Dort dauere die Adventszeit „nicht wie bei uns vier Wochen sondern fünf bis sechs.“ Der ambrosianische ist ein liturgischer Ritus der lateinischen Kirche und wird im größten Teil der Kirchenprovinz Mailand, in einigen angrenzenden Gebieten und in ungefähr fünfzig Pfarren der Schweizer Diözese Lugano noch heute verwendet. Julian Heissenberger denkt seither gerne an seine Erfahrungen zurück.
Interessant: Ausgerechnet der burgenländische Diözesanpatron, der heilige Martin, erinnert ihn verlässlich daran. Denn: Die ambrosianische Adventszeit beginnt jedes Jahr am Sonntag nach dem Fest des heiligen Martin (also nach dem 11. November). Heuer fiel der erste Adventsonntag in Mailand auf den 14. November.Warum aber wird der Advent in Mailand anders als in Österreich (und auch anders, als im Rest von Italien) begangen? „Wir leben und feiern im römischen Ritus, weshalb wir uns auch als römisch-katholisch bezeichnen“, erklärt Julian Heissenberger im Gespräch mit dem „martinus“. Der ambrosianische Ritus (als Form der lateinisch-katholischen Kirche) gehe auf Bischof Ambrosius von Mailand zurück, betont Heissenberger, der seine Diplomarbeit vor drei Jahren im Fach Liturgiewissenschaft diesem „interessanten Ritus“ widmete.
„Ich stelle mir des öfteren die Frage, was für eine Persönlichkeit Ambrosius gewesen sein muss, dass ein Ritus, der sich auf ihn beruft, bis heute neben den römischen und anderen Riten in der katholischen Kirche erhalten geblieben ist. Diese Faszination hält mich noch immer in ihrem Bann und ich denke gerne an meine Zeit in Mailand zurück“, betont Heissenberger.Mit dem Wort „Ritus“, das vom Wort „Ritual“ abstamme, erklärt der zuletzt in den Pfarren Neusiedl und Weiden am See als Kaplan tätig gewesene Heissenberger, „meinen wir in der katholischen Kirche nicht nur gottesdienstliche Zeichenhandlungen, Gebärden und Bräuche; sondern es beschreibt eine ganze Lebenswirklichkeit einer konkreten kirchlichen Gemeinschaft.“ Derzeit studiert Heissenberger in Rom. Die erste Kerze am Adventkranz wird er, wie alle Burgenländer, am 28. November anzünden.
Autor:Redaktion martinus aus Burgenland | martinus |
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