Krippenausstellung in Eisenstadt
Das Jesukind beim Wickeln, ohne Finger und aus Playmobil
Rund um die Bergkirche ist erstmals ein Pfad entstanden, der Krippen aus aller Welt zeigt. Propsteipfarrer Alexander M. Wessely stellt Werke aus seinem persönlichen Fundus aus – die überraschend spannende Geschichten erzählen.
Gerald Gossmann
Beim Vorbeifahren ist sie nicht zu übersehen: die lebensgroße Krippe auf dem Kalvarienbergplatz. Sie bildet den einladenden „Hingucker“ des heuer erstmals stattfindenden „Bergler Krippenpfades“, der von adventlich dekorierten Pettenläden über eine urige Darstellung am Joseph Haydn-Platz bishin zur Krippenausstellung in die Schatzkammer der Bergkirche führt. Dort geben Werke aus verschiedenen Kontinenten einen originellen Einblick über weihnachtliches Brauchtum. Die Schau ist spannender, als man vermuten möchte: Warum manchem Jesukind ein paar Finger fehlen, es in einer neapolitanischen Krippe gerade gewickelt wird oder Playmobil ein perfekter Vermittler der Weihnachtsbotschaft ist, weiß am besten der Hausherr: Pfarrer Alexander M. Wessely, ein bekennender Krippen-Liebhaber.
Krippen mit Kinderaugen betrachtet. Der Priester selbst führte zuletzt Erstkommunionkinder durch die ihn selbst faszinierende Zauberwelt. Mehr als 80 Krippen aus seinem persönlichen Fundus finden sich in der Bergkirche – aus Zeitungspapier, Speckstein, Porzellan, Gips, Holz oder Playmobil. Pfarrer Wessely sammelt Krippen seit seinen Kindertagen, auf Flohmärkten, in Antiquitätengeschäften, überall. „Krippen haben mich schon immer fasziniert“, betont er, „nicht zuletzt, weil auch deren theologische Botschaft so wunderbar ist: die Menschwerdung Gottes.“ Diese Freude an Krippen, so sagt er, „möchte ich mit allen Besuchern unserer Kirche teilen“. Den Gefallen tun ihm viele und kommen (unter Einhaltung der Corona-Maßnahmen) in sein Gotteshaus, dessen angrenzender Kalvarienberg die Passion Christi für Generationen von Kindern veranschaulicht hat – und das nun auch mit der Menschwerdung Gottes versucht. Kinderführungen findet Wessely besonders spannend – weil die Buben und Mädchen, mit ihrem speziellen Blick, ihm so manches, bis dato unbekannte Detail eröffnen. Eine neapolitanische Krippe beispielsweise zeigt ein Jesukind, das gerade gewickelt wird. Es seien „diese Alltagssituationen“, glaubt Wessely, die Betrachter länger vor einem Werk verweilen lassen, weil die Vielfältigkeit neugierig mache. Die älteste Krippe der Ausstellung stammt aus dem Jahr 1760 und ist aus Holz geschnitzt. Die kleinste Figur misst einen Zentimeter, die größte 45. Großen Anklang bei Kindern finden die Spielzeug-Versionen von Playmobil und Lego. „Dadurch kommen sie auf die Idee, zu Hause selbst eine Krippe zu bauen und die Szenen nachzuspielen“, erklärt Pfarrer Wessely im martinus-Gespräch. „Es ist ein Anstoß, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.“ „Die wenigsten Figuren haben noch alle Finger.“ Spannend findet Wessely Krippen, die viel Geschichte in sich tragen. Gips-Krippen aus der Nachkriegszeit zum Beispiel, die in vielen Haushalten zu finden waren.
„Die wenigsten Figuren haben noch alle Finger, weil mit ihnen ordentlich gespielt wurde“, schmunzelt der Pfarrer. Zwei Krippenfiguren der Ausstellung stammen aus der Kindheit des Pfarrers – auch sie sind nicht mehr ganz heil. „Diese Werke gingen durch viele Generationen und Hände, das macht sie noch spannender.“Playmobil vermittelt Botschaft. Die Schau ist drinnen und draußen zu besichtigen. Eine lebensgroße Krippe auf dem Kalvarienbergplatz stammt von der Stadtgemeinde Eisenstadt. 14 riesige Figuren sind auf 60 Quadratmetern platziert. Der Stall besteht aus 100 Jahre altem Holz, die Figuren sind Unikate, die teilweise mit Blattgold verziert sind. Vorbei an den Kapellen geht es in der Kirchengasse weiter zu den adventlich dekorierten Pettenläden. In den Schaufenstern finden sich besinnliche Texte und Gedankensplitter. Vor dem Eingang der Bergkirche ist ebenfalls eine lebensgroße Darstellung der heiligen Familie platziert. In der Schatzkammer des Gotteshauses lädt Pfarrer Wessely dann zur detailverliebten Schau durch die Epochen und Stile des Krippenbaus. Viele Werke stammen aus dem Burgenland und Österreich sowie aus Nachbarländern wie Italien, Ungarn und Deutschland – aber auch aus dem fernen Äthopien, aus Tansania, Nigeria, Peru, den Phillippinen oder aus Vietnam sind Krippen ausgestellt. Wichtig ist Pfarrer Wessely, dass alle Schaustücke gleichwertig nebeneinander Platz finden – die Nachkriegs-Krippe aus Gips und die wertvolle Kreation aus Neapel. Wenn Kinder länger vor der Playmobil-Krippe verweilen als vor einem Kunstwerk aus Neapel, mag es zwar nicht den Kunstliebhaber Wessely freuen, aber den Priester. Es geht ja schließlich um eines: die Weihnachtsbotschaft zu vermitteln.
Die Ausstellung ist bis zum Fest Mariä Lichtmess am 2. Feber 2022 während der Öffnungszeiten der Kirche täglich von 8 bis 18 Uhr für Besucher kostenlos zugänglich.
Autor:Redaktion martinus aus Burgenland | martinus |
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