Burgenland als Vorbild für Europa
Vor 100 Jahren kam das kleine Luising zu Österreich. Kirche, Staat und die rührige Einwohnerschaft wussten, wie man das stimmig feiert.
Bischof Ägidius J. Zsifkovics sagte beim Festgottesdienst: Nationalismus führt immer zu Verarmung und Ausgrenzung. Und er würdigte die burgenländischungarischen Grenzgemeinden als „stille Baumeister eines zusammenwachsenden Europa.
Zum Jubiläum gab es am Samstag, den 2. September, in Luising einen Festakt sowie auch einen Festgottesdienst, dem der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics gemeinsam mit dem ungarischen Bischof János Székely (Szombathely) in Anwesenheit von viel Prominenz – darunter Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Landtagspräsidentin Verena Dunst – vorstand.
Vor der Festmesse am Gelände des Schlosses hatten die beiden Bischöfe den heute auf ungarischem Staatsgebiet liegenden Siedlungen Pornóapáti ( deutsch Pernau, kroatisch Pornova) und Szentpéterfa (deutsch Prostrum, kroatisch Petrovo Selo) einen Besuch abgestattet. Dort fanden beim „Trianon-Denkmal“ Festakt bzw. Gebetsmomente mit Kranzniederlegungen statt.
Besonders hob Zsifkovics den Einsatz des damaligen Luisinger Pfarrers Josef Mischinger hervor. Der Geistliche, der zugleich auch Abgeordneter in Szombathely war, habe sich gemeinsam mit einer Gruppe von Bauern für den Wechsel zu Österreich eingesetzt: „Nicht aus nationalistischen Absichten, nicht als Zeichen der Ab- oder Ausgrenzung, sondern aus dem Wissen um die Herkunft und die Zukunft der Luisinger“, wie der Bischof betonte. Die dabei zutage gelegte „unbeugsame Hoffnung auf eine gute, bessere und menschenwürdige Zukunft“ sei „noch stärker als Überzeugungsarbeit für die Alliierte Grenzkommission, stärker als die Einwohnerbefragungen und alle statistischen Festschreibungen“ gewesen.
Zehn andere Nachbardörfer seien damals allerdings dem ungarischen Komitat Vas zugeordnet worden, räumte Zsifkovics ein. Die damaligen Generationen hätten „Ringen, Neuanfänge, Verletzungen und Verwundungen“ durchlebt, erst recht infolge des Zweiten Weltkriegs und der folgenden Jahrzehnte des Eisernen Vorhangs. Doch selbst die „Trennmauer der Unmenschlichkeit“ mit ihren Stacheldrähten, Wachtürmen und Grenzposten habe die Seelen der Menschen und ihre Hoffnung nicht vernichtet.
Heute praktizierten die Dörfer in ihrem Alltagsleben wieder „alte gute Nachbarschaft, wobei ein diesseits und jenseits der Grenzen nur schwer auszumachen“ sei, hielt der Eisenstädter Oberhirte fest. Ohne die ethnischen Wurzeln zu vergessen, werde sowohl Ungarisch als auch Kroatisch und Deutsch gesprochen und religiöse Vielfalt gelebt. Für die Menschen sei klar, „dass Nationalismus immer zu einer Verarmung des Menschen führt, einander ausgrenzt und die Menschen verletzt“. Diese Erkenntnis sei wichtig, gelte doch: „Das Gegeneinander schafft Hass und Ausgrenzung, das Nebeneinander macht müde und zukunftslos. Das Miteinander weckt Kreativität, das Füreinander erschließt Zukunft.“ Durch das Bauen von Brücken zueinander seien die Bewohner hingegen zu „stillen, aber wirklich großen Baumeistern eines zusammenwachsenden Europas“ geworden.
Bis heute sei das zur Gemeinde Heiligenbrunn gehörende Luising, wo einst im 18. Jahrhundert Schwaben ansässig wurden, im Unterschied zu anderen burgenländischen Orten eine „eigene Sprachinsel mit besonderer Lautfärbung“, stellte Zsifkovics fest. An die von Abwanderung betroffene junge Generation richtete der Bischof den Auftrag, „dass sie nie vergessen, dass der wirkliche Reichtum des Lebens nie nur eine Frage des Geldes und des Besitzes sein kann“.
Der Bischof von Szombathely, János Székely, betonte in seiner Ansprache, er tue auf seinem Gebiet alles, um die Sprache und Kultur der „Anderen“ zu erhalten. Gleichzeitig sagte er der Diözese Eisenstadt und den österreichischen Staatsorganen seinen Dank, dass in Österreich Minderheiten geschützt und gefördert werden.
Landtagspräsidentin Verena Dunst erinnerte an das Übel des Eisernen Vorhanges, der Familien und Freunde auf lange Zeit getrennt hielt. Im Land wie auch zwischen den Staaten sei das „gegeneinander“ der größte Fehler.
An die schmerzhafte Vergangenheit deutsch sprechender Bewohner – inklusive Vertreibungen – erinnerte der zweite Mann im österreichischen Staatsgefüge, der Präsident des Nationalrates Wolfgang Sobotka. Und er warnte davor, dem Gewesenen nachzutrauern. Die Ortschaft Luising sei ein vorbildliches Zeichen, dass man mit friedlichen Mitteln viel erreichen könne. Das Burgenland bezeichnete Sobotka schließlich als ein hervorragendes Beispiel für Europa, wie man Zusammenleben von verschiedenen Volksgruppen organisieren könne.
Der Gastgeber und Inhaber von Schloss Luising, Alfons Mensdorff-Pouilly wurde mehrfach bedankt für die großzügige Unterstützung des Festes. Für ihn geht das Feiern ja fast nahtlos weiter, denn er kann am 7. September seinen 70. Geburtstag begehen.
FRANZ JOSEF RUPPRECHT / KAP
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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