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Fasten- und Osterbräuche

Die Kunst des Eier Kratzens in Stinatz. | Foto: kathbild.at / Franz Josef Rupprecht
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  • Die Kunst des Eier Kratzens in Stinatz.
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Da das Burgenland als selbständige Verwaltungseinheit erst 1921 entstanden ist, haben sich hier viele verschiedene Bräuche der einzelnen Volksgruppen gebildet, die sich natürlich ständig verändern.

Typisch und bis zum heutigen Tag erhalten ist der Brauch des Ostereierkratzens bei den Kroaten in Stinatz, Güttenbach und Neuberg.

Diese Volkskunst ist zumindest in Stinatz noch sehr lebendig und im ganzen Burgenland bekannt. Die kleinen Ziermotive sind sehr dicht angeordnet, Herz, Lebensbaum und Pflanzenformen verschiedenster Art werden in die gefärbten Eier gekratzt. In Reinersdorf und Sziget in der Warth kennt man die Technik des Batikens der Ostereier.

Die ungarische Volksgruppe (Unterwart und Mitterpullendorf) wird heute stark erweitert durch viele Pendlerinnen, Pendler und Zugezogene aus Ungarn. Ähnlich wie die kroatischen sind ungarischen Bräuche somit auch im Burgenland wieder mehr ins Bewusstsein getreten. Die Ostereiertradition ist hier angelehnt an die ungarische Bischofsstadt Kalocza.

Am Ostermontag gibt es den Brauch des „Gießens“: Männer sind verpflichtet, die Frauen in ihrem Umfeld mit Parfüm zu besprühen, verbunden mit unterschiedlichsten Versen und Sprüchen – es handelt sich dabei um alte Fruchtbarkeitsrituale.

Ein vergessener Brauch, der auch bei der Volksgruppe der Roma beheimatet war, fällt in die Kategorie der Heische-Bräuche. Es geht darum, Ostereier und Geld zu sammeln: „I tät‘ bitten um ein rotes Ei“, ein alter weit verbreiteter Spruch bei den Haussammlungen des ärmeren Teils der Bevölkerung. Die „Giebigkeiten“-Ablöse im kirchlichen Bereich erfolgte in den 1930er-Jahren, also die endgültige Loslösung von der Naturalwirtschaft. Auch Mesnerinnen und Kirchenpflegerinnen haben bis vor wenigen Jahren in einzelnen Pfarren der Diözese noch Sammlungen für Ihre Dienste nach altem Brauch durchgeführt und das speziell im Hinblick auf die arbeitsintensive Karwoche.

Erhalten hat sich bei allen Volksgruppen der Ratschenbrauch, bei dem hauptsächlich Kinder für ihren Dienst mit Süßigkeiten beschenkt werden. Bei der deutschsprachigen Bevölkerung in Eisenstadt wird bis zum heutigen Tag von den Ratschenkindern folgender Spruch aufgesagt: „Wir ratschen, wir ratschen den englischen Gruß, den jeder katholische Christ beten muß. Fallt‘s nieder, fallt‘s nieder auf eure Knie, bet‘s ein Vater Unser, drei Ave Marie.“

Sehr interessant ist ein noch lebendiger Brauch, der sehr weit in die Barockzeit und ins bäuerliche Mittelalter zurückreichen dürfte. In Ritzing wird zu Beginn des Aschermittwochs im Gasthaus der Fasching „verbrannt“. Das selber ist ja weiter verbreitet, aber speziell ist hier, dass ein als Priester verkleideter Mann mit großem Spektakel und fast schauderhaftem Ritual mit der Figur des Todes auftritt, die an ihren Fingernägeln Spiegel befestigt hat – es soll dem Betrachter die eigene Vergänglichkeit vor Augen geführt werden. In diesem Zusammenhang zu sehen ist auch der Brauch, dass in ehemals evangelisch gewesenen Orten bis heute als Widerstand gegen die Rekatholisierung bis zum ersten Fastensonntag uralte bäuerliche Faschingsrituale gepflegt werden, bei denen es fast ausschließlich um Brautwerberituale geht, war doch die Faschingszeit die Zeit der öffentlichen Vorstellung von Paarbeziehungen.

Neben Ritzing im Mittelburgenland sind hier Kobersdorf und Oberpetersdorf zu nennen.

In Neckenmarkt gibt es am Mittwoch in der Karwoche einen großen Ostermarkt. Dieser Markt stammt aus der evangelischen Zeit der jetzt katholischen Gemeinde und trägt bis heute im Volksmund den Namen „Karfreitagsmarkt“. Die terminliche Verlegung vom Karfreitag auf den Mittwoch davor erfolgte unter großem Widerstand der Bevölkerung im Jahr 1956.

Bis heute erhalten haben sich die Bräuche im Zusammenhang mit den Heiligen Gräbern in den Pfarrkirchen. Sehenswert ist hier der Kalvarienberg in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Eisenstadt Oberberg, eine riesige barocke Anlage mit vielen Kreuzwegsstationen und plastischen Figuren in Lebensgröße. In dieser Kirche befindet sich übrigens auch die letzte Ruhestätte von Joseph Haydn.

Die Kunst des Eier Kratzens in Stinatz. | Foto: kathbild.at / Franz Josef Rupprecht
BERNHARD WEINHÄUSEL - Der Autor ist Leiter von Diözesanarchiv, Diözesanbibliothek und des Museums der Diözese Eisenstadt. | Foto: Hermann Wakolbinger
Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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