"Überzeugt, dass Gott mich liebt"
Maria Nopp: 80 Jahre Ordensfrau

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Sr. Maria Nopp von den Ursulinen feierte an Ostern ein ganz seltenes Jubiläum. Seit 80 Jahren lebt die 103-jährige Schwester im Orden. Ein kleiner Rückblick auf ein Ordensleben, das viele Überraschungen für sie parat hatte. Über Linz, Paris, Brüssel und Rom nach Klagenfurt.
von Ingeborg Jakl

„Du wirst das Lachen verlernen“, befürchtete ihre Mutter, die es nicht akzeptieren wollte, dass ihre Tochter ins Kloster gehen wollte. „Dieses Eingesperrt-Sein wäre nichts für mich“, schilderte ihr vor Jahren einmal die Mutter einer Schülerin in der Sprechstunde.
Über diese Sätze kann Sr. Maria Nopp auch nach so vielen Jahrzehnten nur schmunzeln. „Ich habe immer gewusst, dass Gott mich liebt“, sagt sie. Dabei strahlt sie über das ganze Gesicht. Mit chicer blauer Bluse und gefälliger Strickjacke sitzt sie im Bücherzimmer des Ursulinenkonvents und erzählt mit Charme und Wortwitz aus ihrem langen und erfüllten Ordensleben. Ohne Anstrengung, aber umso mehr mit viel Detailgenauigkeit. Als wären die Jahrzehnte für sie abrufbar wie auf einer virtuellen Erinnerungstaste eines Computers.
In ihren Erzählungen sieht man die „flotte Maria“, wie sie genannt wurde, flink die Stufen der Schule hinaufflitzen, ebenso das Geländer hinuntersausen und laut singend im Flur stehen. Marias Vater war Schulwart in Linz, wo sie als mittlere von fünf Kindern geboren wurde. „Wir waren zwei Schwestern und drei Buben und die Schule gehörte uns, wenn keiner da war!“
Die Jugendzeit bekam einen ersten Knacks, als der Vater plötzlich verstarb. Ein Jahr nach dem Tod musste die Mutter mit den Kindern die Schulwohnung verlassen.
Es war mein Weg
In dieser Zeit festigte sich bei Maria der Wunsch, ins Kloster einzutreten. „Ich bin täglich bei den Elisabethinen vorbeigekommen. Der Ort hat mich magisch angezogen.“ Aber die Elisabethinen waren in der Krankenpflege tätig, „und das war nichts für mich“, stellt Sr. Maria heute rückblickend nüchtern fest. „Ich bin bei Blut und Äther sofort umgekippt.“
Aber die Ursulinen und ihre Lehrtätigkeit faszinierten die junge Frau. „Ich hatte den Mut einzutreten. Es war mein Weg!“, unterstreicht sie rückblickend. Sie trat nach der Matura an der Bundes-Lehrerinnenbildungsanstalt 1938 in den Orden der Ursulinen ein.
Wegen der NS-Herrschaft verlegte der Orden die Ausbildung der jungen Novizinnen sehr rasch nach Frankreich. „200 Kilometer südlich von Paris waren wir mit elf Novizinnen in einem alten Gut an der Loire untergebracht“, erinnert sie sich. Ein großer Keller, tief in einem Hang gelegen, diente als Luftschutzkeller bei Bombenalarm.
Es war trotz allem eine Zeit, die Menschen formte. Erst recht, als sie und ihre Mitschwestern in eine kurzfristige Schockstarre gestoßen wurden, weil sie großes Unheil in der Zeit der deutschen Kriegsbesatzung Frankreichs auf sich zukommen sahen. Als nämlich plötzlich ein deutscher Wehrmachtsoldat an der Pforte nach ihr fragte. Ausgerechnet nach ihr! Entwarnung: Es war ihr zweitältester Bruder, der in Frankreich eingesetzt war und nach ihr gesucht hatte. „Die Wiedersehensfreude war groß, wir lagen uns in den Armen!“
Maria lernte fleißig Französisch mit Hilfe eines Buches über das Leben der heiligen Theresia von Lisieux. „Es fiel mir leicht“, so leicht, dass sie in Paris noch Gregorianischen Choral studierte. 1941 legte sie in der Seine-Metropole ihre Ewigen Gelübde ab.
Im Jahre 1945 kehrte Sr. Maria Nopp wieder nach Linz zurück und begann bereits im November, an den ordenseigenen Schulen zu unterrichten. Ihre Schülerinnen beschreiben sie als streng, aber gerecht! „Stimmt“, gibt sie ohne lange Überlegung zu. Ihre Schülerinnen haben später im Leben, das haben sie ihr berichtet, erst gemerkt, was sie bei ihr alles gelernt haben. Kein Wunder, dass sie noch heute zu einigen von ihnen enge Kontakte pflegt. „Das sind inzwischen auch schon alte Frauen“, gibt die junggebliebene 103-Jährige lächelnd zu bedenken.
Gott und den Menschen dienen
Es folgten Jahre des Unterrichtens, mit Studien in Brüssel und Rom. In Linz übernahm sie Aufgaben in der Ordensleitung. 1959 kam sie als Internatsleiterin nach Linz und versah diese Aufgabe bis zur Schließung des Ursulinenklosters und der dazugehörigen Schulen in Linz im Jahr 1968. Die damals 51-Jährige wechselte in den Konvent nach Klagenfurt. Sie ist seit damals ein fester Bestandteil der Ordensgemeinschaft geworden.
Der Unterricht in den verschiedensten Fächern, besonders in Musik, ging gewohnt für sie weiter. „Noch mit 87 Jahren habe ich zwei Mädchen in Flöte unterrichtet.“ Neben der geistigen Herausforderung war ihr Arbeitsfeld ganz profan wie z. B. das Funktionieren der Waschküche. „Die Arbeit ging hier nie aus!“
Die höchst gewöhnliche wie berechtigte Frage an eine 103 Jahre alte Ordensfrau: Wie geht es Ihnen? Sie könne sich nicht beklagen, sagt sie. Im Kloster sei sie glücklich und ihre Ordensschwestern ihr eine große Hilfe. Auch dem geregelten Ordensleben habe sie ihr hohes Alter zu verdanken. Sr. Zorica Blagotinsek, Priorin des Ursulinenkonvents in Klagenfurt, schaut auf sie genauso wie ihre treusorgende Betreuerin Veronika Ramsauer.
Und obwohl Schwester Maria nicht mehr arbeiten kann, nimmt sie am Klosteralltag noch regen Anteil: an der heiligen Messe, an der Vesper, dem klösterlichen Abendgebet, und natürlich an den gemeinsamen Mahlzeiten. „Eine Stütze“ nennt Sr. Maria die Gemeinschaft und das tägliche Gebet, eine Stütze für sie selbst und andere.
Das Ordensleben habe sie immer glücklich gemacht, sagt sie. Und besonders jetzt, im Alter, sei sie froh über die Möglichkeit, noch jeden Tag in der Gemeinschaft beten zu können. Auch da gebe es zwar Einschränkungen, aber die Routine von 80 Jahren Ordensleben komme ihr zugute.
„Mein Eintritt ins Kloster war mit meinem Wunsch verbunden, Gott und den Menschen zu dienen. Das hat mich mein ganzes Leben begleitet“, sagt sie. Ihre optimistische Lebenseinstellung färbt ab: „Ich möchte jeden Tag zufrieden sein, meine Freude zum Ausdruck bringen und damit auch Vorbild für andere sein.“ Und: „Wenn es mir gelungen ist, diesen selbst gestellten Anspruch an andere weiterzugeben, dann macht mich das froh.“

Autor:

Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag

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