Gedenkjahr 2025
Anton Granig – ein Priester im Widerstand

- hochgeladen von Carina Müller
Am 15. April 1945 wurde der Kärntner Priester Anton Granig im Gefängnishof der Strafanstalt Stein an der Donau erschossen. Der gebürtige Mölltaler leistete Widerstand gegen den Nationalsozialismus. von Josef Till
Der aus dem Mölltal stammende Priester Anton Granig leistete Widerstand gegen den Nationalsozialismus und wurde vor 80 Jahren in Stein an der Donau erschossen. Als Institution stand die katholische Kirche nicht im aktiven Widerstand, weil sie einen Modus Vivendi mit dem Regime suchte; ihre Existenz und ihre weltanschaulich geistige Tätigkeit waren dem Dritten Reich jedoch ein Dorn im Auge.
St. Josephs-Bücher-Bruderschaft
Anton Granig wurde im September 1901 in Mitten in der Pfarre Sagritz in einer Bergbauernfamilie geboren. Von 1929 bis 1934 studierte er in Klagenfurt Theologie und empfing 1932 die Priesterweihe. Nach der Tätigkeit als Kaplan in Viktring und Spittal an der Drau setzte er ab 1934 sein Doktoratsstudium in Graz fort und promovierte mit einer Arbeit über „Paulus als Seelsorger“. Im Oktober 1936 wurde er Sekretär der St. Josephs-Bücherbruderschaft in Klagenfurt und ab Juli 1941 deren Direktor. An Sonn- und Feiertagen predigte er morgens in der Klagenfurter Stadtpfarrkirche St. Egid. Von Anfang an wurde er seitens der NS-Verwaltung bei seiner Arbeit behindert, schließlich wurde die Bücherbruderschaft verboten. Schon im Juli 1938 wurde Granig wegen einer kritischen Bemerkung zum Nationalsozialismus in einer Predigt und wegen der Verweigerung des Hitlergrußes auf der Straße zur Anzeige gebracht.
Antifaschistische Freiheitsbewegung
Die Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreichs (AFÖ) war eine österreichische Widerstandsgruppe von Katholiken gegen das Nazi-Regime. Sie wurde Ende Februar/Anfang März 1942 in der Wohnung Granigs von diesem, von Karl Krumpl, einem früheren Mitglied des Kärntner Landtags und Sekretär der Vaterländischen Front, und dem gebürtigen Steirer, ehemaligen Theologiestudenten und nunmehrigen Soldaten, Eduard Pumpernig, konstituiert. Sie war besonders in Kärnten und der Steiermark aktiv. Zu dieser Gruppe stieß alsbald der Volksschuldirektor von St. Peter in Holz, Franz Bernthaler. Ihre Mitglieder entwarfen Flugzettel und planten Sprengstoffanschläge gegen Eisenbahnbrücken und die Staatspolizei. Erzbischof Andreas Rohracher unterstützte diese Widerstandsgruppe finanziell. Unter der Führung von Anton Granig rief die AFÖ zum Kampf gegen das NS-Regime auf und agierte über ideologische und nationale Grenzen hinweg. Rechtsanwalt Karl Wanner aus Wien nahm Kontakte mit der AFÖ in Klagenfurt auf, die auch die in Klagenfurt stationierte Luftwaffeneinheit infiltrierte, und im Juli 1941 dort eine großangelegte Schmier- und Streuaktion unternahm.
Heimat in Not
Ab dem Frühjahr 1942 verfassten Granig und andere Mitglieder der AFÖ Aufrufe, die mit Unterstützung von Angelus Steinwender im Franziskanerkloster in Wien in einer Auflage von eintausend Stück hergestellt wurden. In einem in Kärnten verbreiteten Aufruf hieß es: „Unsere Heimat ist in Not! Braune Verbrecher haben unsere Heimat verraten! Unsere Söhne bluten und fallen an den Fronten für ein braunes Verbrechertum! Die braunen Volksverräter sind daheim in warmen Ämtern und rauben das Volk aus! Kärntner auf zur Tat! Hinaus mit den braunen Bonzen an die Front! Kärnten und unser Österreich müssen wieder frei werden vom preußischen Joch! Alle einig gegen die braunen Verbrecher! Es lebe Kärnten!“
Im März 1942 wurden in ganz KärntenTausende Flugblätter verteilt mit dem Aufruf, alle inneren Differenzen zu beenden. Ebenfalls im März 1942 schloss sich die Wanner-Gruppe mit der AFÖ zusammen. Die Flugblätter sorgten für Aufsehen. Sogar der Kreisleiter von Klagenfurt sprach öffentlich über diese Aktion.
Inhaftierung, Verurteilung und Tod
Der Provinzial der Franziskaner, Eduard Steinwender, und der Kirchenrektor der Franziskaner in Eisenstadt, Guardian Kapistran Pieller, wurden verhaftet, weil sie der AFÖ finanzielle Hilfe, Unterschlupf und Kleinwaffen zur Verfügung gestellt hatten. Eduard Pumpernig wurde am 3. Juni 1943 von der Gestapo verhaftet. Anton Granig wurde permanent von der Gestapo beschattet, die ihn am 17. Juni 1943 wegen Vorbereitung zum Hochverrat in Klagenfurt inhaftierte. Sie stellte fest, dass Granig der Anführer einer Widerstandsorganisation sei, zu der noch Franz Bernthaler und andere gehörten. Auch der in Tunesien in der Wehrmacht kämpfende Karl Krumpl wurde verhaftet, nach Wien gebracht und zum Tode verurteilt; er wurde am 22. März 1945 in Wien exekutiert. Der Volksgerichtshof verurteilte Granig und die Franziskanerpatres Pieller und Steinwender am 11. August 1944 wegen angeblicher Mitwirkung an einem hochverräterischen Unternehmen – Führung einer antifaschistischen Freiheitsbewegung, die als Widerstandsbewegung besonders im Raum Kärnten gegen den NS kämpfte und als wichtige Ziele die Erschütterung des 3. Reiches und die Vorbereitung für eine politische Neuorientierung Österreichs hatte – zum Tode. Dr. Granig wurde in der ganzen Verhandlung herabsetzend behandelt und schließlich wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“, „Feindbegünstigung“ und „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt.
Der Papst intervenierte
Neben ihm wurden noch weitere sieben Todesurteile gefällt. In der Folge intervenierten zahlreiche Persönlichkeiten und baten um Gnade für die zum Tode Verurteilten, unter ihnen die Bischöfe Hefter und Roh-racher sowie Papst Pius XII.
Aneinandergekettet erschossen
Drei Wochen vor dem endgültigen Zusammenbruch des Nazi-Regimes wurden die Gefangenen im Wiener Landesgericht zu zweit – Granig mit Steinwender – anei-nandergekettet nach Stein an der Donau in Marsch gesetzt und dort im Gefängnishof der Strafanstalt am 15. April 1945 erschossen. Als Eduard Pumpernig gefangengenommen wurde, stellte er die Dinge so dar, als sei er nur das verführte Opfer Dr. Granigs gewesen, deshalb wurde Pumpernig beim Prozess nicht als Angeklagter, sondern als Kronzeuge geführt. Pumpernig wurde zwar verurteilt, aber er erhielt „nur“ zehn Jahre Zuchthaus.
In Klagenfurt-Welzenegg erinnert eine Dr. Granig-Gasse an den Priestermärtyrer. Im Klagenfurter Diözesanhaus ist der Festsaal nach ihm benannt. Über den katholischen Widerstand existiert eine lesenswerte Familiensaga über mehrere Generationen als spannender Roman (siehe Buchtipp)
Buchtipp
Katharina Springer und Georg Lexer
„Innegen“ – Leben und Tod im katholischen Widerstand
Hermagoras Verlag
296 Seiten, € 28,-
Über den sogenannten katholischen Widerstand existiert eine lesenswerte Familiensaga über mehrere Generationen als spannender Roman, der mit dem Titel „Innegen“ das Licht der Welt erblickte. Die Autoren sind Georg Lexer und Katharina Springer. Das Buch schildert ein Familienporträt. Aufgrund ihrer Überzeugungen in den Jahren 1938 bis 1945 wird eine Familie beinahe ausgelöscht. Anlass für die Verhaftung des Vaters, der später in einem Konzentrationslager umkommt, ist die österreichtreue Gesinnung und Religiosität der Lesachtaler Familie. Dieser Roman erzählt von Pflichtbewusstsein und der Courage gegenüber jeder politischen Verblendung.
Georg Lexer wurde 1952 geboren und entstammt einer Ärztefamilie. Der Chirurg setzt sich seit Jahrzehnten für die präventive Medizin ein. Der Naturliebhaber und Wanderer lebt im Lesachtal und führt mit seiner Frau Andrea einen Biobauernhof.
Autor:Carina Müller aus Kärnten | Sonntag |
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