Laufen, springen, Bälle werfen und mehr
Spielen macht Kinder stark
Bildung ist wichtig für Kinder. Das wissen nicht nur Eltern, die ihre Kinder in den vergangenen Monaten im Home-Schooling, Distance Learning und Schichtbetrieb erlebt haben.
Aber zur Bildung gehört mehr, als in die Schule zu gehen, Wissen vermittelt zu bekommen, zu lernen und Leistung zu bringen. Zur Bildung gehört auch das Spielen – und das in ganz einzigartiger Weise.
Ein Interview zum Weltspieletag am 28. Mai mit Veronika Schippani von der Katholischen Jungschar Wien.
Hätten Sie es gewusst? In der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen ist das Recht jedes Kindes auf der ganzen Welt auf Spiel und Freizeit verankert: „Jedes Kind hat das Recht auf Ruhe, Freizeit, Spiel, altersgemäße, aktive Erholung und freie Teilhabe am kulturellen und künstlerischen Leben“ steht da in Artikel 31.
Erleben, entdecken, begreifen
„Spielen ist so viel mehr als bloßer Zeitvertreib“, sagt dazu Veronika Schippani, Vorsitzende der Katholischen Jungschar der Erzdiözese Wien: „Spielen ist auch Bildung. Wir haben in den vergangenen Monaten so oft von der Bedeutung der Bildung für Kinder gehört. Meistens ging es dabei um die intellektuelle Bildung in der Schule. Immer wieder hörten wir davon, wie viel die Kinder vom Lernstoff versäumt hätten, wie viel nachgeholt werden müsste und wie das zu geschehen habe.
Dass die Corona-Maßnahmen das Treffen von Freunden und Freundinnen in der Freizeit erschwert oder unmöglich gemacht haben und dass den Kindern damit nicht nur Lernstoff aus dem Lehrplan fehlt, sondern auch ein ganz anderes Lernen – das gemeinsame Spielen nämlich, war meiner Meinung nach eigentlich zu spät ein echtes Thema.“
Dabei sei es doch so klar, dass Kindern Spielen gut tut und sie dabei eine ganze Reihe an Bedürfnissen befriedigen, dass sie ihren Interessen nachgehen, kreativ sind und Ideen entwickeln – und das unabhängig von Erwartungen und Zwängen von außen. Kurz gesagt: Dass sie das Spielen ganz dringend für ihre Entwicklung brauchen. „Spielen ist einfach die beste Art und Weise für ein Kind, seine Umwelt zu erleben, zu entdecken, zu begreifen – und nicht zuletzt zu lernen, sich darin zurecht zu finden und sein Leben zu leben.“
Zutiefst christlich
Spielen biete für so vieles einen geschützten Rahmen. Zu spielen fördere zum Beispiel Beziehungen, fördere das Miteinander und das Verständnis füreinander und sei damit „eigentlich auch etwas zutiefst Christliches“, ist Veronika Schippani überzeugt. „Beim Spielen kann man erleben, dass man gemeinsam mehr erreicht als eine oder einer allein oder – um ein anderes Beispiel zu nennen – dass das Spiel noch schöner ist, wenn jeder und jede sich einbringt.“
Und man lernt beim Spielen auch sich selbst immer besser kennen. „Man sieht, was einem liegt und was nicht. Der eine läuft schnell, die andere fängt geschickt, wieder ein anderer ist besonders gut darin, sich anzuschleichen. Manche stehen gerne in der ersten Reihe, andere fühlen sich wohler, wenn sie aus dem Hintergrund agieren können und vieles mehr“, so Veronika Schippani: „Man sieht, man spürt und man erfährt am eigenen Leib, dass jeder Mensch unterschiedliche Fähigkeiten mitbringt, dass nicht jeder alles gleich gut kann und dass das auch nicht notwendig ist. Dass ich wertvoll bin, so wie ich bin.“
Nicht zuletzt können sich Kinder beim Spielen auch mit manchen Themen leichter auseinandersetzen, als sie es etwa in einem Gespräch könnten. „Das ist zum Beispiel der Fall, wenn mit einem Spiel eine Geschichte erzählt wird und die Kinder Teil dieser Geschichte sind“, sagt Veronika Schippani. Auch über komplexere Themen – Armut, Umweltschutz und vieles mehr – lasse sich nach einem Spiel oder mit einem Spiel viel besser nachdenken, als wenn man einfach nur darüber spricht.
In der Jungschar sei das Spielen in jedem Fall unerlässlicher Bestandteil des Geschehens. „Unser Motto lautet ja ,Die Kinder stehen in der Mitte‘ und wir nehmen dieses Motto sehr ernst“, sagt Veronika Schippani: „Wir wollen Kinder stark machen. Und viel und abwechslungsreich zu spielen, positive Spielerlebnisse zu ermöglichen – das macht Kinder stark.“
Spaß und mehr
Und was macht ein gutes Spiel nun eigentlich aus? „Ganz klar: Ein gutes Spiel ist eines, bei dem einmal zunächst jeder und jede Spaß hat“, lacht Veronika Schippani: „Das bedeutet natürlich dann auch, dass sich dabei niemand ausgegrenzt fühlen darf oder bewusst geärgert wird. Die Chancengleichheit ist dabei ein wichtiger Aspekt. Gut macht ein Spiel außerdem, wenn alle auch mal unterschiedliche Positionen einnehmen und ausprobieren können und damit Einfluss auf den Spielverlauf nehmen können.“ Und ein gutes Spiel macht Lust darauf weiter zu spielen, sich vielleicht sogar weitere Spielarten auszudenken.
Die Jungschar bietet seit einigen Jahren ein besonderes Zuckerl für alle Jungscharleiterinnen und -leiter, aber auch für andere Spielefans: Eine Internet-Datenbank mit Spielen für alle Altersgruppen und Gruppengrößen. Mit Hilfe einer Filterfunktion kann gezielt gesucht werden.
Hier finden sich nicht nur – sehr kreativ abgewandelte – Klassiker wie Fangen oder Versteinern. „Wir achten bei unserer Spielsammlung darauf, dass wir kooperationsfördernde Spiele vorstellen, mit denen ein positives Spielerlebnis möglich ist“, sagt Veronika Schippani.
Tipp
Seit 2017 gibt es die Spieldatenbank auch als Spiele-App fürs Smartphone. Lieblingsspiele können hier auch als Favoriten markiert werden. Die Jungschar-Spiele-App ist im google play store und auch im App Store von Apple – gratis – erhältlich.
siehe auch: spiele.wien.jungschar.at
Autor:Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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