Platz zum Starten
Karrieresprungbrett steht an kuriosem Ort
Sie spinnen Ideen, basteln an Konzepten, bauen ihr Geschäft auf – und das im Pfarrhof oder Priesterseminar. Warum die Erzdiözese Salzburg jungen Unternehmerinnen und Unternehmern für sinnstiftende Geschäftsideen Platz macht und wie diese sich im kirchlichen Umfeld entwickeln.
Michaela Hessenberger
Während Sabrina Hassler mit dem Grafik-Werkzeug auf ihren Computerbildschirm malt, rattert die Kaffeemaschine. Im Hintergrund tauschen Leute Ideen aus, auf den Stufen ist ein Franziskanerpater unterwegs. Die 26 Jahre alte Illustratorin hat sich einen sogenannten Coworking-Space zum Arbeiten gemietet. Das bedeutet, dass sie kein fixes Büro hat. Dafür kommt sie, wie auch andere aus unterschiedlichsten Branchen, immer wieder in das Haus der Salzburger Stadtpfarre St. Andrä. Dort hat die Erzdiözese Raum geschaffen für Jungunternehmer wie sie. „Seit Frühling 2019 bin ich immer wieder sporadisch da“, berichtet die gebürtige Kärntnerin, die zu ihrem Freund in die Mozartstadt gezogen ist. Die Vorteile ihres Arbeitsplatzes, den sie teilt? „Privates und Arbeit lassen sich besser trennen, als wenn ich zu Hause zeichnen würde. Außerdem habe ich als Einzelunternehmerin kein Team und kann mich hier mit anderen austauschen.“
Aufgemacht hat der Coworking-Space der Erzdiözese Salzburg im Sommer 2018 am Mirabellplatz Nummer fünf. Treibende Kraft hinter dem Projekt war Dominik Elmer. Er leitet die Citypastoral und den Infopoint Himmel in der Altstadt. „Wir wollen all jenen einen Ort und ein Netzwerk bieten, die sich den Herausforderungen des gesellschaftlichen Umbruchs, der Nachhaltigkeitsdebatte, der Umweltthematik, der verschiedenen Facetten von Armut und Vereinsamung von Menschen auf eine neuartige Weise stellen“, sagt Elmer und erklärt damit, warum sich die katholische Kirche um die junge Wirtschaft in der Stadt kümmert. Plus: „So ist die Kirche an der Seite von Menschen, die mit Herzblut an Ideen arbeiten.“ Im Winter wird der Coworking-Space umziehen, ein paar Meter weiter – ins Priesterseminar am Makartplatz.
Im Norden der Stadt befindet sich Romy Sigls Coworking-Space. Sie hat das Konzept der geteilten Bürofläche durch ihren Einsatz in Salzburg vor gut einem Jahrzehnt bekannt gemacht. Konkurrenzdenken kennt sie nicht. Sigl: „Das wäre ja, als würde man ein Restaurant aufmachen und dann Angst haben, dass noch jemand im Umkreis ein Lokal eröffnet. Coworking ist und bleibt ein Megatrend.“ Mit Dominik Elmer, dem Büroteilen-Spezialisten aus der Erzdiözese Salzburg, ist sie immer wieder in Kontakt. Sigl findet es „super, dass Kirche sich solcher Projekte annimmt“. Denn genau das erwarte sie von ihr. „Das Gemeinschaftliche, Sinnstiftende, die Überzeugung, dass jeder etwas kann – das ist doch ein Ur-Ding von Kirche!“
Sowohl Elmer als auch Sigl wissen, dass geteilte Arbeitsflächen gerade in Coronazeiten beliebt und oft dringend benötigt sind. Sigl: „Bei mir sind Firmen eingezogen, die während des Lockdowns im Homeoffice gemerkt haben, dass sie kein fixes Büro brauchen.“ Welche „Zutaten“ es braucht, damit ein Coworking-Space funktioniert? „Ein starkes Internet. Läuft das WLAN nicht mehr, dann ist es für manche, als würde man ihnen die Luft zum Atmen wegnehmen“, sagt die Salzburgerin mit einem Schmunzeln. Unabdingbar sei ein guter Standort mit einem partnerschaftlichen Vermieter. Denn mit herkömmlichen Mieten sei es gerade anfangs schwierig, ein solches Business zu starten. Sie plädiert für ein Modell, bei dem die Mieten anfangs gering und mit steigender Auslastung eben etwas höher sind.
Welche Branchen in Coworking-Spaces zu finden sind? „Primär dreht es sich um das Thema Digitalisierung“, sagt Hans-Joachim Pichler vom Gründerservice der Wirtschaftskammer Salzburg. „Somit wurden in den vergangenen Monaten vermehrt Onlineshops, Werbeagenturen und Unternehmen im Bereich EDV-Dienstleistung sowie Unternehmensberatung gegründet.“ Dass Arbeitsplätze geteilt werden und Infrastruktur gemeinsam genutzt wird, kann die Kammer nur begrüßen, erklärt er.
Was Romy Sigl und Dominik Elmer außerdem eint, ist die Aufgabe, in ihren Einheiten für eine angenehme Atmosphäre zu sorgen. Sie tragen dazu bei, dass die Stimmung gut und alles so gestaltet ist, dass sich die Mieter wohlfühlen. Dafür sorgt auch eine stets gut gefüllte Kaffeemaschine. Bis auf ihre Laptops und Arbeitsgeräte müssen die Unternehmer nichts dabei haben. Das gilt auch für Illustratorin Sabrina Hassler. Sie lobt das schöne Haus, von dem sie beim Kreativsein aus dem dritten Stock in den Mirabellgarten oder über die Stadt bis hin zum Untersberg schauen kann. „Für mich als Künstlerin ist das viele Licht hier ideal. Und auch, dass immer wer zum Reden da ist, wenn ich einmal Austausch brauche oder nicht weiter weiß.“
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