100 Jahre alt wird am 11. August eine der wohl engagiertesten und selbstlosesten Frauen der Erzdiözese Salzburg: Trude Kirchmair, Jungschar-Pionierin, Herz und Seele der Taxhamer Pfarre und des dortigen Kirchenbaus oder einfach nur „Schwester Trude“.
von Thomas Manhart
Salzburg. Das Interview ist bereits beendet, das Aufnahmegerät abgeschaltet, da fällt Trude Kirchmair doch noch etwas ein: „Wenn ich mit dem Bus fahre, passiert es immer wieder mal, dass mich jemand länger anschaut und dann fragt: Sie sind die Schwester Trude, oder?“ Ein typisches Beispiel für den ebenso positiven wie bleibenden Eindruck, den die bald Hundertjährige als guter Geist, Herz und Seele in der Pfarre Taxham und darüber hinaus bei den Menschen hinterlassen hat.
Zumeist sind es ehemalige Jungschar-Schützlinge Kirchmairs, die so reagieren – und das verwundert nicht. Nahezu ihr ganzes Leben hat die gebürtige Kufsteinerin der Kirche und den Menschen gewidmet, vieles davon ehrenamtlich, also unentgeltlich. Wer sie nicht aus der Katholischen Jungschar kennt, die Trude Kirchmair in Salzburg als Pionierin mit aufgebaut und als Gruppenleiterin jahrzehntelang geprägt hat, der bastelte mit ihr für den guten Zweck, sammelte Spenden für den Kirchenbau in Taxham, lernte sie als Sternsinger, in Frauen-, Witwen- oder Senioren- Runden kennen.
Viele Bände der Taxhamer Pfarrchronik hat sie mit Bildern und Texten befüllt, inklusive wunderschöner, selbst gestickter Einbände. Überhaupt war sie Organisatorin und Vorbereiterin für den Aufbau der Pfarre Taxham in den 1960er-Jahren. Sie war de facto „Pastoralassistentin“, als es diese Bezeichnung noch gar nicht gab, also wurde die so eifrige und engagierte Kirchendienerin schlicht „Schwester Trude“ gerufen – obwohl sie gar keine Ordensschwester war.
Träume blieben unerfüllt
Eigene Bedürfnisse stellte sie seit frühester Jugend zurück, ohne zu murren. Mädchen lernten allenfalls noch kochen und wurden verheiratet. Fürs Gymnasium oder gar Studium gab es in Kriegs- und Nachkriegszeiten kein Geld. Der Traum vom Lehrerinnenberuf? Unerfüllbar. Erst die Schule für kirchliche Frauenberufe in Wien war möglich. Ein Ehemann? „Die Herren, die in Frage gekommen sind, kehrten nicht aus dem Krieg zurück“, sagte sie bereits im „Rupertusblatt“-Interview zu ihrem Neunziger. Statt Luxus oder Wohlstand wurden in der sehr gläubigen, aber auch sehr armen Familie nur Küche und Wohnzimmer, nicht jedoch die Kinderzimmer geheizt. „Mein Bruder und ich hatten im Winter immer kalte Füße“, erinnert sich Trude Kirchmair.
Aber manche Träume wurden dann doch wahr. Statt als offiziell ausgebildete Lehrkraft versammelte sie in der Jungschar und als Aushilfs-Religionslehrerin die Kinder und Jugendlichen um sich. Einige melden sich noch heute dankbar bei ihr oder finden – wie eingangs erwähnt – bei Zufallsbegegnungen im Bus oder anderswo nette Worte. Sogar ein von Kirchmair gebasteltes Krokodil fand den Weg zurück zu ihr. Das 30 Jahre zuvor für den guten Zweck verkaufte Stofftier tauchte kürzlich auf einem Flohmarkt wieder auf und ziert nun Trude Kirchmairs Sofa.
Autor:Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT |
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