Domorganist
„Man muss horchen, was die Orgel will“

Eine Institution verlässt den Dom: Nach dem Abschied von Heribert Metzger wird das Organistenamt ab 1. September doppelt besetzt: mit Philipp Pelster und Judith Trifellner-Spalt. | Foto: RB/tom
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Heribert Metzger, seit 2005 Domorganist in Salzburg, erinnert sich an das schönste Lob, an glückliche Fügungen und traurige Momente. Am 28. August wird der „Orgel-Versteher“ zum vorerst letzten Mal im Salzburger Dom­ einen Gottesdienst gestalten.

von Thomas Manhart

RB: Sie sind in Wien in einer gläubigen Familie aufgewachsen, aber wie sind Sie genau zum kirchlichen Orgelspiel gekommen?
Heribert Metzger: Ich hatte das Glück, dass ich in meiner Heimatkirche regelmäßig gute Organisten erlebt habe. Nach diesen Erfahrungen wollte ich auch selbst Orgel spielen und bin da langsam hineingewachsen. Ich habe bei Kirchenmessen zunächst Harmonium gespielt, hatte Klavierunterricht, kam dann über eine Bekannte zum Organisten Rudolf Scholz, der in der Nähe wohnte, und über ihn schließlich zu Orgelprofessor Alois Forer an die Musikhochschule Wien. Es waren viele glückliche Fügungen.

RB: Das Klavier hatte also keine Chance mehr in Ihrer musikalischen Lebensplanung?
Metzger: Ursprünglich wollte ich schon Pianist werden, aber wenn mich jemand gehört hat, hieß es immer: Der spielt am Klavier wie auf einer Orgel. Diese Tendenz, diese Affinität zur Orgel war einfach schon von Kindesbeinen an da. Ich spielte ja seit dem elften Lebensjahr in der Kirche.

RB: Wie wichtig ist für Sie dieses Zusammen­spiel von Kirche, Glaube und Musik?
Metzger: Ich habe immer versucht, das zu verbinden. Ich will es nicht schwulstig ausdrücken, aber für mich ist die Musik in der Kirche „Verkündigung“. Deshalb wehre ich mich auch gegen den Satz „Der Gottesdienst wurde musikalisch umrahmt“, das ist Unsinn. Die Musik ist Teil der Liturgie. Wenn das nicht akzeptiert oder so verstanden wird, geht sie ins Leere. 

RB: Sie haben Publikationen verfasst und machen sich generell viele tiefsinnige Gedanken rund um das Orgelspiel. Entsprang daraus auch Ihre Lehrtätigkeit?
Metzger: Die Verbindung von Lehrtätigkeit am Mozarteum, eigenem künstlerischem Tun und wissenschaftlicher Grundlage war mir immer wichtig. Es hat mir nie genügt, zu sagen: „Das klingt schön.“ Oder ein Stück einfach so lange zu spielen, bis man es fehlerfrei kann. Ich wollte immer mehr wissen. Deshalb habe ich auch die wichtigsten Orgellandschaften und Orgelzentren in anderen Ländern aufgesucht. Dann versteht man die Musik ganz anders.

RB: Ist dadurch Ihre besondere Leidenschaft zu Johann Sebastian Bach entstanden?
Metzger: Bach hat für mich unter den Orgel-Komponisten immer das größte Gewicht gehabt, aber letztlich sucht sich die Orgel die Musik aus, die man auf ihr spielen soll. Man muss sich in das Instrument vertiefen, dessen Charakteristik respektieren und horchen, was die Orgel will. Das klingt dann auch am besten. 

RB: Sie können sowohl auf die Kirchenmusik als auch auf eine Konzert- und Pädagogen-Karriere zurückblicken: 1. Preis beim Leipziger Bach-Wettbewerb, Professur am Mozarteum, Salzburger Domorganist. Was sind da die schönsten Erinnerungen?
Metzger: Man meint immer, das müssten die prominenten Termine sein – die Amtseinführungen von zwei Erzbischöfen oder das Requiem für Papst Johannes Paul II. –, aber es sind oft Gottesdienste, die gar nicht auffällig sind. Wo irgendetwas überspringt, zum Beispiel bei einer sehr guten Predigt, auf die ich dann bei der Gabenbereitung in einer freien Improvisation Bezug nehme. Einmal hat mich auf dem Residenzplatz eine Frau, die ich nicht kannte, angesprochen und gesagt: „Wenn ich Sie Orgel spielen höre, dann denke ich mir: Ich lasse beten!“ Ein schöneres Lob habe ich nie bekommen.

RB: Und die traurigste Erinnerung?
Metzger: Ich war für Seminare und Konzerte oft im Osten, darunter dreimal in der Ukrai­ne. Ich habe dort Organisten kennen gelernt, viele andere Leute und all die Orte, die jetzt in Trümmern liegen. Das ist so schrecklich.

Eine Institution verlässt den Dom: Nach dem Abschied von Heribert Metzger wird das Organistenamt ab 1. September doppelt besetzt: mit Philipp Pelster und Judith Trifellner-Spalt. | Foto: RB/tom
Heribert Metzger an der großen Orgel auf der Empore des Salzburger Doms.      | Foto: RB/tom
Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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