Festival-Seelsorge
„Wir sind nicht die, die Bibeln verteilen“
Die Festivalseelsorge ist eine von vielen Möglichkeiten, mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen in lockerer Atmosphäre und inmitten ihrer so genannten „Lebenswelten“ ins Gespräch zu kommen. Um Missionierung geht es dabei nicht.
von Thomas Manhart
Erst seit wenigen Jahren ist sie auch in Österreich ein fixer Bestandteil bei großen Musikevents: die Festivalseelsorge.
„Erzähl mir was, ich hör dir zu“, lautet dabei das Motto. Oder wie es Florian Huber von der Katholischen Jugend Pinzgau ausführlicher beschreibt: „Von Schicksalsschlägen in der Familie bis zu Problemen am Arbeitsplatz oder in der Schule, von Bedrückendem bis zu Freudigem – wir haben für alles ein offenes Ohr. Wir sind da, um den Menschen zuzuhören und ihnen Zeit zu schenken. Es kam auch schon vor, dass jemand einfach nur mit uns teilen wollte, wie schön es gerade in seinem Leben und auf dem Festival ist.“
Huber war schon auf mehreren Musikevents in dieser „Zuhörer-Rolle“ im Einsatz und leitet vom 7. bis 9. Juli das 20-köpfige Seelsorge-Team beim Salzburger „Electric Love Festival “ – eine speziell geschulte Gruppe aus katholischen und evangelischen Haupt- und Ehrenamtlichen, die vor Ort an zwei Standorten für Gespräche zur Verfügung stehen. Was ihm wichtig ist: „Es sind bei Festivals oft verschiedene christliche Gruppen unterwegs, aber wir sind nicht diejenigen, die in Guerilla-Aktionen die Bibeln verteilen oder die Leute aktiv ansprechen, ob sie mit uns über Gott reden wollen. Das ist nicht unser Zugang. Wir sagen offen, dass wir von der katholischen Kirche kommen, und freuen uns, falls jemand auch über den Glauben sprechen möchte, aber wir drängen dieses Thema niemandem auf.“
Reaktionen: „Cool, dass es das gibt“
Diese zurückhaltende Art der Seelsorge wird vom Festivalpublikum honoriert. „Cool , dass es das gibt“ und „Super, was ihr da macht“ waren nur zwei der vielen wertschätzenden Rückmeldungen beim letzten „Electric Love Festival“. Wenn dann noch ein ehemaliger Ministrant vorbeikommt, der sich inzwischen von der Kirche entfernt hat, aber „irgendwie immer noch an Gott in seinem Leben interessiert“ ist, sind die Gespräche von Florian Huber und seinem Team umso fruchtbarer. Da verwundert es wenig, dass mit der kirchlichen Jugendinitiative „Denk dich neu“ aktuell auch die Festivalseelsorge intensiviert wird. Beim „Nova Rock“ war man heuer zum ersten Mal. Nach dem „Electric Love“ folgen allein im August noch drei weitere Festivaleinsätze.
Wertschätzung und aktives Zuhören
RB: Die Festivalseelsorge ist in Österreich ja noch ein relativ neues Feld. Stimmt es, dass es dafür trotzdem schon eine eigene Ausbildung gibt?
Florian Huber: Ja, wir haben das heuer in St. Virgil zum ersten Mal österreichweit organisiert – gemeinsam mit einem Psychotherapeuten, der vorher auch selbst in der Jugendpastoral tätig war. Bei der Schulung wurde ganz stark auf Themen wie Gesprächsführung, wertschätzende Kommunikation und aktives Zuhören geachtet. Danach gab es auch einen Praxisnachmittag, an dem wir uns an verschiedenen Plätzen in der Stadt Salzburg einfach hingesetzt und das Gespräch angeboten haben.
RB: Gab es bei diesem Coaching auch für einen Festivalseelsorger mit Vorerfahrung noch wertvolle Erkenntnisse?
Huber: Es gilt, sich immer wieder bewusst zu machen, wo unsere Grenzen liegen. Wir können nur punktuell da sein und sind kein Kriseninterventionsteam. Deshalb ist auch die gute Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen wie etwa dem Roten Kreuz so wichtig – und dass man Menschen, die in ihrem Leben gerade nicht weiter wissen, im Extremfall für professionelle psychische Unterstützung an andere Stellen verweist.
RB: Gibt es auch Festivalbesucher, die euch offen anfeinden?
Huber: Sehr selten, denn die suchen zumeist gar nicht erst das Gespräch.
Die schauen höchstens ein bisschen komisch oder lachen einen im Vorbeigehen aus. Umgekehrt sind aber viele Kommentare vor Ort sehr positiv und bestärken uns. tom
Autor:Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT |
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