40 Jahre Erscheinungen in Medjugorje
Wie ein kleiner Ort große Kraft gibt

Foto: RB/Vivida/shutterstock.com
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Das Jubiläumsjahr in Medjugorje beginnt mit einem Online-Kongress an diesem Wochenende. Erwartet werden Hunderttausende Gäste. Als Redner angekündigt ist etwa der polnische Erzbischof Henryk Hoser. Der Vatikan hat die Erscheinungen von Medjugorje (noch) nicht anerkannt, wohl aber einen apostolischen Visitator eingesetzt. Er beobachtet für den Heiligen Stuhl, was vorgeht.

„Für mich gibt es ein Leben vor – und definitiv eines nach dem Besuch dort.“ Das sagt Georg Mayr-Melnhof, Gründer der Loretto Gemeinschaft. Schwer beeindruckt und bewegt ist der Salzburger immer noch von seinem ersten Besuch 1983. Dort hat er jene sechs Hirtenkinder kennen gelernt, denen seit bald vier Jahrzehnten die Gottesmutter erscheinen und ihnen immer wieder Botschaften mitgeben soll. Mittlerweile steuert Mayr-Melnhof auf seinen 180. Besuch der 2.300-Seelen-Gemeinde in Bosnien-Herzegowina zu.

„Es ist so ‘ne Sache mit den Wundern. Erst komm‘n sie nicht, dann überfall‘n sie dich – Wunder fragen nicht.“ 2013 veröffentlichen die Sportfreunde Stiller, eine bayerische Musikband, das Lied „Wunder fragen nicht“.Diese Feststellung der Band in Sachen übernatürliche Phänomene kann der Salzburger Georg Mayr-Melnhof bestätigen. Als komplett überraschend und überwältigend beschreibt er das, was er 1983 als gerade einmal 15 Jahre alter Jugendlicher gespürt und erlebt hat. Denn damals bekommt die Mutter Gottes eine Hauptrolle in seinem Leben. Wo? In einem recht unscheinbaren Ort zwischen ein paar Hügeln im heutigen Bosnien-Herzegowina. Der Name? Medjugorje.

Wunder bringen Aufschwung

1981, exakt am 24. Juni, tauchen dort die ersten erstaunlichen Berichte auf und ziehen weite Kreise in der Öffentlichkeit: Sechs Hirtenkinder wollen Maria gesehen haben. Und das nicht nur einmal. Von da an erscheint sie ihnen regelmäßig. Bis heute. Etwa auf dem Berg über dem 2300-Seelen-Dorf. Die Botschaften der Gottesmutter verändern sich kaum über all die Jahre. Es geht um Frieden, Glauben, Umkehr, Gebet, Fasten und Buße. Sie teilt sie ausschließlich den heute längst erwachsenen Sechsen mit.

2021 jährt sich dieser erste überlieferte Auftritt Mariens vor den Augen von Mädchen und Burschen aus Bauernfamilien zum 40. Mal. Die Anerkennung der Vorgänge durch den Vatikan steht aus. Unter Beobachtung ist der Ort allemal. Auch Roms Augen ruhen auf ihm. 2017 schickt Papst Franziskus einen Sonderbeauftragten. Immerhin nimmt der Heilige Stuhl die Sache ernst. Die Anerkennung von Erscheinungen aber ebenfalls. Es ist eben so ‘ne Sache mit den Wundern.

Über die Jahrzehnte hat sich Medjugorje zu einem Anziehungsort mit touristischer Infrastruktur ausgewachsen. Souvenirstände halten allerlei Marienkitsch feil. Pensionen beherbergen Pilger aus aller Welt. In einem Nicht-Corona-Jahr sind es weit mehr als eine Million von ihnen, Italiener und Polen vor allem.

Ein Auto, fünf Leute, ein Ziel

Zurück zu Georg Mayr-Melnhof. Er ist heute Pastoralassistent und Gründer der vor allem in Salzburg gut vertretenen Lorettogemeinschaft, die besonders junge Leute anspricht.„Als Jugendlicher steckte ich in einer ganz, ganz tiefen Krise. Ich war schüchtern, stotterte, wurde dauernd rot. Jeder Tag war der Horror und mir war klar, dass das kein Leben ist“, berichtet er im Gespräch mit dem Rupertusblatt. Seine Schwester Doraja ist damals, so erzählt er mit einem Lachen, „a wüde Henn“. Will heißen: Ein Sorgenkind der Eltern. Bis ihr Weg sie nach Jugoslawien führt.

Zurück aus Medjugorje geht sie auf ihren Bruder zu und sagt ihm: „Du, das ist was für dich.“ Der Bursch zögert und beobachtet seine Schwester kritisch. Er sieht, dass sie sich verändert. „Oft fallen in Momenten des Kreuzes die Lichtstrahlen rein“, meint er schlicht. Nun will er es selbst wissen.

Allerheiligen 1983 sitzt er mit vier anderen Leuten in einem Auto. Das Ziel ist – natürlich – Medjugorje. An der Grenze schweigen sie darüber, geben einen Besuch bei Verwandten vor. Im kommunistischen Jugoslawien empfiehlt sich das. Unterkunft geben ihnen Bauern. Ihre Gastfreundschaft beschreibt Mayr-Melnhof als „umwerfend“. Diese Landwirte nehmen die Österreicher mit zu jenen Kindern, die im Kontakt mit der Muttergottes stehen.

Erster Kontakt mit den Sehern

Als Mayr-Melnhof im Interview zu dem Punkt kommt, an dem er die „Seherkinder“ – sie sind zum Zeitpunkt der Begegnung in etwa so alt wie er – zum ersten Mal sieht, steht er auf. Nichts hält ihm beim Erzählen auf seinem Platz. „Meine Augen haben Mädchen und Buben gesehen, die einen Moment der Erscheinung hatten.“ Sie seien nach ein paar Minuten und im Beisein von einem oder zwei Priestern schlagartig auf ihre Knie gefallen. „Zack waren sie auf dem Boden. Und ich fragte mich: Ist das echt oder Show?“ Der Salzburger zeigt im Gegensatz zu dem ruckartigen Niederfallen an jenem Novembertag 1983, wie er sich im Vergleich bedächtig hinknien würde. „Die Sechs schauten ernst, dazwischen lachten sie auch. Ihre Lippen bewegten sich. Doch ich hab‘ sie nicht mehr reden gehört“, erzählt Mayr-Melnhof. Er erinnert sich an das starke Bedürfnis sich ebenfalls hinzuknien. „Ich war ein normaler Teenager. Natürlich hab ich kritisch hinterfragt, was da jetzt los ist. Aber für den Fall, dass die Gottesmutter da ist, hab‘ ich mich schnell hingekniet . . .“ Weil es so eine Sache ist mit den Wundern, öffnet sich der Salzburger bereitwillig für das, was er erlebt und dabei gespürt hat – wenn auch gewissermaßen „aus zweiter Hand“. Denn die Erscheinungen sind den Hirtenkindern vorbehalten.

Sichtbar sind für ihn jedoch die unzähligen „kleinen Wunder, die inneren“. Was nach Besuchen in Medjugorje mit den verschiedensten Typen von Menschen passiert, ist für ihn bahnbrechend. „Da sind viele dicke Fische dabei, die Jahrzehnte lang falsch gelebt haben. Es gab genug Polizisten, die ihre Kommunistenkappen und den Kommunistenpass dort weit von sich weggeworfen und sich bekehrt haben“, sagt Mayr-Melnhof und nimmt nach diesem Bericht wieder Platz auf seinem Sessel. Medjugorje ändert Leben radikal, fügt er noch an.
Wie es auch im Sportfreunde-Stiller-Lied heißt: Wunder überfallen einen. Und sie fragen nicht, wenn sie das tun.

Neuanfang mit Wurstsemmel178-mal

(oder waren es 179-mal? So genau hat er nicht gezählt) ist Georg Mayr-Melnhof in Medjugorje gewesen. Zu seiner Freude gestaltet sich die Anreise seit einigen Jahren weitaus komfortabler als in den 80ern. Rumpelige Schotterpisten sind breiten Straßen gewichen. Ohne den bosnischen Ort und die Erfahrungen des Salzburgers in der 2300-Seelen-Gemeinde gäbe es heute wohl keine Loretto-Gemeinschaft. Zurück in Österreich vergehen ein paar Jahre, ehe der tief beeindruckte Jugendliche seinen Weg nach Wien zum Studium findet. Theologie, freilich. Mit zwei Freunden gründet er den ersten Mini-Gebetskreis. Rosenkranz und Wurstsemmeln sind immer dabei. „Das hatte durchaus etwas von Urkirche“, spricht er die alte christliche Tradition des Miteinander-Essens an.

Zweifler haben keinen Raum

Wie es mit den Wundern halt so ist – manch einer zweifelt sie an. Aktionen wie eine als Wunder ausgegebene, aber mit Leuchtfarbe bemalte Marienstatue geben Zweiflern Zündstoff. Solche Argumente kann Mayr-Melnhof annehmen. Harschen Kritikern widmet er jedoch keine Aufmerksamkeit. „Ich hab‘ mich nie lange aufgehalten mit denen, die alles unreflektiert als Blödsinn abtun.“

Der Vatikan beobachtet weiter, was sich in dem Anziehungsort in der Diözese Mostar ereignet. Ob es schmerzt, dass Rom die Erscheinungen nicht anerkennt? Mayr-Melnhofs Antwort kommt schnell: „Ich weiß, dass die Kirche noch nie in ihrer Geschichte ein Urteil gesprochen hat, solange ein Phänomen andauert. Sie war aber von Anfang an interessiert. Ich würde sagen, sie steht den Ereignissen neutral-positiv gegenüber.“
Sein eigenes Urteil formuliert er so: „Die Muttergottes sagt Dinge wie ‚Lest die Bibel, geht beichten‘ – das ist Lehre seit 2000 Jahren und muss nicht extra anerkannt werden. Es geht um Marias übernatürliche Anwesenheit.“
Fest steht für den 52-Jährigen, dass sein Weg ihn bald zum 179. (oder 180.) Mal nach Medjugorje führen wird. Coronabedingt musste die Silvesterreise entfallen; im Sommer rechnet er mit einer Rückkehr an seinen Herzensort.

Und wie endet das Wunder-Lied der Sportfreunde Stiller? „Nenn sie nicht von dieser Welt. Doch wenn sie dich treffen, dann grüße sie freundlich, denn es kann immer sein, sie meinen dich.“
Michaela Hessenberger

Wunder fürs Wohnzimmer

Exkommunikation, vorgetäuschte Wunder, schier endlose Diskussionen: Der kleine Ort in Bosnien-Herzegowina sorgt immer wieder für hitzige verbale Auseinandersetzungen. Der Vatikan ringt schon lange um seine Position und verbot in den 1990er Jahren Pfarren und Diözesen offizielle Pilgerfahrten dorthin. Papst Franziskus hob das Verbot im Mai 2019 auf. Was war geschehen? 1981 berichteten sechs Kinder in Medjugorje, die Gottesmutter habe sich ihnen gezeigt, während sie Schafe gehütet hätten. Die Erscheinungen dauern nach Angaben der inzwischen erwachsenen Seherinnen und Seher mit großer Häufigkeit an und gehen mittlerweile in die Zehntausende. Die endgültige Entscheidung über die Echtheit dieser Ereignisse liegt beim Papst. Dieser hat bisher kein abschließendes Urteil gefällt.

Zum 40. Jahrestag der ersten Berichte über Marienerscheinungen im bosnischen Medjugorje gibt es einen internationalen Online-Kongress. Er soll am 30. und 31. Jänner unter dem Titel „Medjugorje – Modell der Neuevangelisierung für die Welt“ stattfinden, so die Ankündigung des Vereins Medjugorje Deutschland mit Sitz in Beuren.

Ausgestrahlt wird die Veranstaltung aus der Gebetsstätte Marienfried, das Abendgebetsprogramm aus der Pfarrkirche von Medjugorje. kap Infos und Livestream unter www.medjugorje-kongress.de.

Foto: RB/Vivida/shutterstock.com
Ihr Herz für die Muttergottes zeigen Georg Mayr-Melnhof und Sabine Rödgers in Medjugorje.
 | Foto: RB/privat
Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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