Lebensschutz
Was bedeutet Seelsorge am Lebensende?

Netzwerke bilden und sprachfähig über den Lebensschutz am Anfang und Ende werden – dafür setzen sich Bischof Hermann Glettler und die von ihrer Diözese Beauftragten ein.  | Foto: RB/dap
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Zum zweiten Mal trafen sich Lebensschutzbeauftragte und Ethikerinnen in Salzburg zum gemeinsamen Studientag. Ein Thema warf neben den grundsätzlichen Fragen zum verantworteten Umgang mit Lebensanfang und -ende viele Fragen auf: Wie geht Seelsorge angesichts des assistierten Suizids?

von David Pernkopf  

Eine Krankenhausseelsorgerin begleitet einen schwerkranken Patienten. Die Gespräche sind ehrlich, die Beziehung wird tiefer. Beide scheinen aus der gemeinsamen Zeit Hoffnung zu schöpfen. Sogar ein Gebet haben sie schon gesprochen. Nach dem üblichen Besuch eröffnet der Kranke ihr plötzlich, dass er darüber nachdenke, assistierten Suizid in Anspruch zu nehmen. Was sagt die Seelsorgerin? Solche und ähnliche Fälle wuden aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert.

„Gerade die Tatsache der Sprachlosigkeit angesichts des Wunsches oder das Verstecken hinter Barmherzigkeitsrhetorik gibt zu denken“, sagt Susanne Kummer, eine Vortragende des Tages. Für Gabriele Pachschwöll, Stationsleiterin auf der Palliativstation im Unfallkrankenhaus Krems zeigen sich die Auswirkungen auf die Krankenpastoral so. „Die Gespräche werden sich verändern. In jeglicher Hinsicht. Sie werden unter Umständen technischer und kühler. Ein Seelsorger kommt in die Situation, die Kirche in dieser Frage rechtfertigen oder auf ethische Fragen vorbereiten sein zu müssen, anstatt Trost und Beistand zu leisten.“ Gesetzliche Bestimmungen erschweren den Zugang für Seelsorgerinnen, das bedeute mitunter auch, dass es noch weniger Möglichkeit zur Begleitung gibt. „Von 100 Menschen, die sich für assistierten Suizid entscheiden, bleiben vielleicht nur mehr zwei, mit denen eine Diskussion und Begleitung möglich sein wird“, berichtet Kummer.

Krankensalbung und Beichte – geht das?

Krankensalbung und Beichte. Auch hier zeigte sich ein seelsorgliches Dilemma: Was kann Kirche anbieten, wo muss sie eine rote Linie ziehen? Dazu der Gastgeber des Studientages Gerhard Viehhauser: „Für eine gültige Vergebung in einer Beichte sind die Einsicht der Schuld und der Wille zur Umkehr Voraussetzung. Sich durch assistierten Suizid das Leben zu nehmen wird im christlich kirchlichen Kontext als Sünde gesehen.“ Für Schuld und Sünde könne nicht im Voraus eine Vergebung durch eine Beichte empfangen werden. In allem aber gelte: Die Kirche muss immer zuhören und Möglichkeiten der Nähe bieten. Seelsorger und Seelsorgerinnen sollen dableiben, auch wenn der Patient beschließt zu „gehen“.

Gerhard Viehhauser ist Bischofsvikar für Ehe, Familie und Leben in der Erzdiözese Salzburg. | Foto: RB/privat
  • Gerhard Viehhauser ist Bischofsvikar für Ehe, Familie und Leben in der Erzdiözese Salzburg.
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Interview mit Gerhard Viehhauser, Bischofsvikar für Ehe, Familie und Leben in der Erzdiözese Salzburg

RB: Seelsorge am Lebensende ist grundsätzlich herausfordernd Was gilt es zu bedenken und zu beachten?
Viehhauser: Alte, sterbenskranke und mit dem Sterben konfrontierte Menschen müssen für die Seelsorge Priorität haben. Als Seelsorger dürfen wir den Menschen die christliche Botschaft der Hoffnung bringen durch Zuwendung mit Wort und Tat. Die größte Hoffnung liegt in Chris–tus, der uns das Leben über den Tod hinaus schenkt.   

RB: Was tun als Seelsorger, wenn jemand entschieden hat assistierten Suizid in Anspruch zu nehmen?
Viehhauser: Es ist jetzt unerlässlich, dass sich Seelsorger mit diesem Thema auseinander setzen. Ich versuche in so einer Situation, durch Worte und Zuwendung Wege aufzuzeigen, die einen assistierten Suizid nicht notwendig machen. Es gibt sehr gute Wege der Palliativmedizin, Hospiz und der menschlichen Begleitung.   

RB: Welche konkreten Begleitungs- oder Beziehungsmöglichkeiten hat die Pastoral in diesen schwierigen ethischen Fragen?
Viehhauser: Ich denke, liebevolle und menschenfreundliche Zuwendung ist immer und unbedingt notwendig. Die Seelsorge bedarf hier zunächst eines urteilsfreien Zuhörens. Gleichzeitig muss gesagt werden, dass die Kirche und ihre Seelsorge den Selbstmord durch assistierten Suizid nicht gutheißen kann. Diese Wahrheit kann befreiend wirken. Christliche Ethik muss sich an den Worten Kardinal Königs orientieren: „Der Mensch soll nicht durch die Hand, sondern an der Hand eines Menschen sterben.“i

Netzwerke bilden und sprachfähig über den Lebensschutz am Anfang und Ende werden – dafür setzen sich Bischof Hermann Glettler und die von ihrer Diözese Beauftragten ein.  | Foto: RB/dap
Gerhard Viehhauser ist Bischofsvikar für Ehe, Familie und Leben in der Erzdiözese Salzburg. | Foto: RB/privat
Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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