Franziskaner
Veränderungen als Chance begreifen
Beeindruckt verweilt P. Massimo Fusarelli ofm (59) einige Minuten vor der Michael-Pacher-Madonna in der Salzburger Franziskanerkirche. Vier Tage lang ist der Generalminister des Franziskanerordens durch Österreich getourt.
Zu den hauptsächlichen Aufgaben eines Generalministers gehört es, dass er Brüder und deren Niederlassungen besucht. Vom 11. bis zum 14. Oktober reist P. Fusarelli von Hall in Tirol über Salzburg nach Graz und Wien. „Wir stehen vor großen Umbrüchen", sagte der Generalminister mit Blick auf sich verändernde Zahlen von Ordensberufungen bei einem Treffen mit der österreichischen Provinzleitung. Einige Ordensprovinzen – vornehmlich in Europa und Nordamerika – erlebten einen starken Rückgang der Eintritte, andere - etwa in Asien oder Afrika – einen schnellen und fordernden Zuwachs: „Wir sollten das als Chance begreifen, um unsere Gewohnheiten zu überdenken“, meint er.
Mit den Menschen leben
Der gebürtige Römer wurde im Juli 2021 zum Generalminister des Ordens gewählt und ist damit der 121. Nachfolger des heiligen Franz von Assisi. Bei seinem Besuch in Österreich trifft er Mitbrüder, Mitarbeiter und Freunde des Ordens. In Salzburg verweist er dabei auch auf jüngste Bemühungen der Kirche zu einem verstärkten Ausgleich zwischen Priestern, Laienbrüdern und Laien zu kommen: „Die Frage ist nicht nur, wie wir besser miteinander arbeiten. Die Frage ist, wie wir besser miteinander leben, und welche Modelle wir finden, dieses Miteinander auch in unseren Klöstern zu leben“, sagt er vor den Brüdern. Im Miteinander-Leben entstehe Dialog.
Weniger schüchtern sein
Gleichzeitig lädt P. Fusarelli zu einem Aufbruch in der Berufungspastoral ein: „Wir haben großartige Programme der Berufungspastoral, aber ich höre auch immer wieder, dass wir zu schüchtern sind, wenn es darum geht, Menschen auf ihre Berufung anzusprechen“, erzählt er den Brüdern. Warum dem so sei, sei noch nicht klar, aber er glaube nicht, dass es an mangelnder Identität des Ordens liege. Vielmehr gehe es darum, dass die Brüder als Gemeinschaft aktiv werden: „Wir müssen die Zukunft gestalten, und sie nicht einfach nur über uns hereinkommen lassen.“ Nach jüngst veröffentlichten Zahlen gibt es weltweit derzeit 12.127 Franziskaner in 119 Ländern, davon leben 3.136 in West- und 2.209 Brüder in Osteuropa.
Provinzialminister: Schwerpunkt Arme
In dieselbe Kerbe schlägt Österreichs Provinzialminister, P. Fritz Wenigwieser ofm (56): „Die Einladung des Generalministers zum Sich-Öffnen ist ein mutmachender Auftrag: Wir brauchen neue Modelle des Zusammenlebens“, sagt er. Das gelte vor allem für die Armen und Notleidenden. Allein in Salzburg kümmern sich Brüder und Mitarbeiter um Br. Beda Puchinger ofm seit Jahren im Herzen der Stadt um Notleidende. Vor diesem Hintergrund erinnert Generalminister Fusarelli in Salzburg an einen Grundsatz des heiligen Franziskaner-Theologen Bonaventura von Bagnoregio (1221-1274), wonach die Ordensbrüder „nicht für die Armen, sondern mit den Armen leben“ sollten.
Sauerteig der Brüderlichkeit
Die Franziskanerprovinz zum heiligen Leopold in Österreich und Südtirol umfasst 18 Niederlassungen, in denen 107 Mitbrüder leben und wirken. „Ich habe Brüder getroffen, die es verstehen, in säkularisierten Gesellschaften ihren Platz zu finden: als Sauerteig der Brüderlichkeit“, lässt der Generalminister über eine Aussendung aus Rom mitteilen. Und er zeigt sich beeindruckt: Als er aus Salzburg abfährt, twittert er ein selbstgeschossenes Bild der Pacher-Madonna und schreibt: „Die Spuren Göttlichen Da-Seins sind zart. Aber sie rufen, wenn wir lernen zuzuhören.“
mitz
Autor:Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.