Koreanischer Märtyrer
Hl. Andreas Kim Dae-geon: Er ist bis heute ein Glaubensvorbild
Der hl. Andreas Kim Dae-geon (1821 bis 1846) war Koreas erster römisch-katholischer Priester. Am 21. August jährt sich seine Geburt zum 200. Mal. „Mit seinem Glauben und seinem Martyrium in jungen Jahren legte er den Samen für die Verkündigung des Evangeliums in Korea“, sagt Gregor Lim Hyung jun. Der Priester aus Salzburgs Partnerdiözese Daegu in Sükorea spricht im Interview über die Bedeutung des Heiligen und seine kurzes, aber wirkungsvolles Leben.
RB: Welche Bedeutung hat der heilige Andreas Kim Dae-geon für die Kirche in Korea?
Gregor Lim: Andreas Kim Dae-geon ist ein Glaubensvorbild. Das gilt nicht nur für Seminaristen oder Priester, sondern für alle Gläubigen. Mit seinem Martyrium in jungen Jahren legte er den Samen für Kirche in Korea und die Verkündigung des Evangeliums. Die Worte seiner letzten Rede bleiben in Erinnerung: „Liebe Mitbrüder, ich hoffe, dass Sie bald wieder im Himmel bei Gott, dem ewigen Vater zu sehen. Ich glaube an Christus, weil ich an seinen Namen gebunden bin. Ich erwarte, dass Gott mir die Kraft gibt, dieses Leid bis zum Ende ertragen zu können.“
RB: Was ist aus der Lebensgeschichte des Heiligen bekannt?
Gregor Lim: Andreas Kim wurde schon in jungen Jahren zum Priesterkandidaten gewählt. Zwei seiner Kollegen waren Thomas Choi und Franziskus Xavier Choi. Gemeinsam gingen sie zur Ausbildung nach Macau. Damals zu verreisen ist nicht mit heute zu vergleichen und war lebensgefährlich. Sie mussten sich zu Fuß auf den Weg machen. Als sie unterwegs waren starb Franziskus Xavier Choi. 1846 kehrte Andreas Kim nach Korea zurück. Doch er wurde bald verhaftet und kurz darauf als Märtyrer getötet. Seine Mutter Ursula hatte ihn zehn Jahre lang nicht gesehen und nun dauerte das Wiedersehen mit ihrem Sohn nur wenige Tage. Andreas schrieb an Bischof Ferreol: „Bitte kümmere um meine trauernde Mutter, da meine Mutter ihren Sohn wieder verliert.“
RB: Warum wurde Andreas Kim im Alter von nur 25 Jahren geköpft?
Gregor Lim: Heute sind die Kandidaten bei ihrer Priesterweihe mindestens 30 Jahre alt. Aber damals waren sie sehr viel jünger. Nach seiner Ausbildung und Weihe in Shanghai kam Andreas Kim nach Korea zurück, um das Evangelium zu verkünden. Wir müssen berücksichtigen, dass die Regierung Katholikinnen und Katholiken in Korea zu dieser Zeit der Joseon-Dynastie brutal unterdrückte und verfolgte. Nicht lange nach seiner Rückkehr wurde Andreas verhaftet, gefoltert und zum Tode verurteilt und das nur, weil er seinen Glauben praktizierte. Da er sehr gebildet war und einiges Wissen über fremde Kulturen hatte, wollten die Machthaber ihn überzeugen, seinen Glauben aufzugeben. Er ließ sich als stolzer Christ nicht darauf ein und versuchte stattdessen diejenigen die ihn eingesperrt hatten, zum katholischen Glauben zu bekehren.
RB: Papst Johannes Paul II. sprach Andreas Kim mit 102 weiteren Märtyrern am 6. Mai 1984 heilig. Von Korea ist häufig als Land der Land der Märtyrer die Rede. In der Partnerdiözese gibt es zum Beispiel die Märtyrerstätte Hanti.
Gregor Lim: Die meisten Wallfahrtsorte in Korea stehen in Verbindung mit Märtyrern. In Hanti gab es neben dem Besinnungshaus auch ein Bildungshaus für Seminaristen. Hier lebten sie in ihrem ersten Jahr. Sie sollten in Hanti, das tief in den Bergen liegt, den Spuren der Märtyrer in der Diözese folgen.
RB: Wie begeht das Land den 200. Geburtstag ihres bekanntesten Heiligen?
Gregor Lim: Am 29. November 2020 hat ein Gedenkjahr begonnen, das noch bis 27. November 2021 dauert. Es gibt zahlreiche Aktivitäten, Gottesdienste und Feiern. Eine Veranstaltung in der Diözese Daegu stand unter dem Motto „Ich bin Katholik“ und richtete sich vor allem an die jungen Leute.
RB: Ist das Gedenken an Andreas Kim in Nordkorea bekannt beziehungsweise möglich?
Gregor Lim: Leider gibt es in Nordkorea keine kirchlichen Veranstaltungen. Doch wir haben eine „Volk-Versöhnung-Kommission“, in der 16 Diözesen und die Bischofskonferenz zusammenarbeiten. Die Bischofskonferenz bemüht sich um Versöhnungsmöglichkeiten zwischen Nord- und Südkorea und fördert Projekte für Flüchtlinge aus Nordkorea. Im Vordergrund steht der Schutz ihrer Menschenrechte und Nothilfe. Es geht aber auch darum, ihnen spirituelle Unterstützung anzubieten. Darüber hinaus beschäftigt sich ein Forschungsprogramm mit einer Datensammlung und -analyse; Ziel ist es, eine Richtung für die Evangelisierung Nordkoreas zu finden. (Anm.: Bereits seit 1945 ist Korea entlang des 38. Breiten-grades geteilt. Nach dem Korea-Krieg 1953 verfestigte sich die Teilung entlang der Demarkationslinie in Nord- und Südkorea.)
RB: Wie steht es um die Beziehung zwischen Nord- und Südkorea?
Gregor Lim: Momentan ist ein Austausch mit Nordkorea schwierig. Die einzige bekannte katholische Pfarrgemeinde in Nordkorea ist die Jang-chung-Kirche in Pjöngjang. Bischof Jang Ik etwa hat 1987 als Mitglied der vatikanischen Delegation Pjöngjang besucht. Es wurde eine Kirche gebaut. Damals feierten Bischof Jang Ik und seine Mitreisenden die erste heilige Messe. Seit dem letzten Besuch der Bischöfe im Jahr 2015 hat es meines Wissens kein Treffen mit nordkoreanischen Vertretern gegeben.
RB: Noch einmal zurück zu den Anfängen der katholischen Kirche in Korea. Sie kam durch Laien ins Land, die in Peking mit Christen in Kontakt gekommen waren.
Gregor Lim: Ja, die koreanische Kirche ist weltweit als die Kirchengemeinschaft bekannt, die am Ende des 17. Jahrhunderts aus dem Engagement von Laien entstanden ist. Die erste kirchliche Versammlung in Korea initiierten Laien und nicht Missionare. Wobei dann die spätere Struktur der Kirche von französischen Missionaren und Bischöfen stammte. Wir sind als Kinder Gottes alle gleich. Diese Botschaft und die Lehre der Nächstenliebe nahmen die Gläubigen beeindruckend in ihr Leben und ihre Studien auf.
RB: Welchen Stellenwert hat die katholische Kirche heute?
Gregor Lim: Es ist schwierig, das auf einen Punkt zu bringen. Die römisch-katholische Kirche in Korea ist dafür bekannt, dass sie die Menschen während der Diktatur (Anm.: Militärdiktaturen (1961-87) schützte. Die Kirche stand an ihrer Seite und setzte sich für Demokratie ein. Ein aktuelles Beispiel ist die Zusammenarbeit der Koreanischen Bischofskonferenz und dem Vatikan bei einer Impfstoffkampagne: Länder, die wirtschaftlich nicht in der Lage sind, Impfstoff zu beschaffen, erhalten Unterstützung.
RB: Junge Leute für Kirche und Glaube zu begeistern wird zunehmend schwieriger. Wie ist das in Korea? Daegu hat zum Beispiel eine eigene Jugendkirche, mitten unter den Szenelokalen der Stadt.
Gregor Lim: Ich persönlich finde, dass auch die jungen Leute in der österreichischen Kirche sehr aktiv und dynamisch sind. Für beide Länder gilt: Die Kirche verliert bei Jugendlichen an Bedeutung. Das hat verschiedene Gründe. Im Fall von Korea denke ich, dass gesellschaftliche Veränderungen und Einflüsse – der Alltag wird immer stressiger und hektischer – und auch Enttäuschungen in der Kirche oder über den Klerus eine große Rolle spielen.
RB: Wie gestaltet sich die religiöse Vielfalt mit Konfuzianismus, Buddhismus, Christentum und den vielen „neureligiösen Bewegungen“?
Gregor Lim: Wir haben interreligiöse Dialoge und Begegnungen. Buddhistische Mönche etwa besuchen am Weihnachtstag die Kathedrale und Bischöfe wiederum kommen an Buddhas Geburtstag in den Tempel. Darüber hinaus gibt es einen Austausch unter sieben religiösen Gemeinschaften. Dazu gehören Konfuzianismus, Buddhismus, evangelische Kirche, katholische Kirche, Won-Buddhismus, Chondoismus und ethnische Religionen. Zu speziellen Anlässen melden sie sich mit einer Stimme zu Wort.
RB: Salzburg und Daegu verbindet seit mehr als 50 Jahren eine Diözesanpartnerschaft. Was können die Diözesen voneinander lernen?
Gregor Lim: In den Anfängen hat Daegu Unterstützung aus Salzburg erhalten. Doch noch viel wertvoller als wirtschaftliche Hilfe ist die Neugierde an einem Land und den Menschen auf der anderen Seite der Welt. Dieses Interesse ist die Voraussetzung und so konnten beide Diözesen voneinander lernen – vor allem durch die gegenseitigen Besuche oder die Jugendbegegnungen. Gläubige aus Salzburg erzählten mir zum Beispiel, dass sie die aktiven Jugendgruppen in Daegu beeindruckt haben oder die Digitalisierung im pastoralen Bereich.
RB: Noch eine Frage zur Coronalage. Wo sieht es in Südkorea aus?
Gregor Lim: Mitte August hatten wir rund 2.000 Fälle. Da sich in der Hauptstadt Seoul das Virus wieder stärker verbreitet, dürfen sich privat nur vier Personen treffen. In Daegu haben wir relativ wenig Neuinfektionen. Wie es sich entwickelt weiß natürlich niemand.
Korea – Land der Märtyrer
◆ 1784 gilt als Gründungsdatum der katholischen Kirche in Korea. Der Gelehrte Lee Seung-hun kehrte von einer Chinareise als getaufter Katholik mit dem Namen Petrus zurück. Er begann mit Predigten und mit Hilfe von Büchern das Evangelium zu verkünden. Es war eine Kirche der Laien. Erst zehn Jahre später bekam die Gemeinde erste Priester.
◆ Im September begeht Korea den „Monat der Märtyrer“. In den verschiedenen Verfolgungswellen wurden mehr als 10.000 Christen getötet. 103 von ihnen wurden 1984 in Seoul heilig gesprochen, unter ihnen der 1846 ermordete erste Priester, Andreas Kim Dae-geon. Weitere 124 hat Papst Franziskus 2014 selig gesprochen.
◆ Südkorea hat heute 51 Millionen Einwohner. In der Partnerdiözese Daegu leben 4,51 Mio. Menschen,11,5 Prozent sind katholisch.
Von Daegu nach Salzburg
Gregor Lim Hyung jun. aus der koreanischen Partnerdiözese studiert seit März 2016 in Salzburg. Das Thema seiner Dissertation ist Mariologie. Diesen Sommer verbringt er in seiner Heimat. Natürlich wollte er als Erstes seine Familie und Mitpriester sehen – doch das war erst mit Verzögerung möglich. Zwei Wochen musste er in Corona-Quarantäne. „Das war nicht einfach, aber die Tatsache, in meiner Heimatstadt zu sein, war Trost genug“, sagt Gregor Lim, der gleichzeitig unterstreicht: „Ich bin sehr dankbar für die Aufnahme und Hilfe bei den Herz-Jesu-Missionaren in Liefering, Weltkirche-Referent Markus Rosskopf und der Diözese Salzburg insgesamt. Sie alle sind meine neue Familie.“
Seit der Diözesansynode 1968 bestehen die Partnerschaften mit den Diözesen Bokungu-Ikela in der Dem. Rep. Kongo, San Ignacio de Velasco in Bolivien und Daegu in Südkorea. Immer wieder studieren koreanische Priester in Salzburg – aktuell ist das Gregor Lim, der aber auch in Pfarren wie Lieferung oder St. Martin als priesterlicher Mitarbeiter wirkte.
Autor:Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT |
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