Osterbotschaft von Erzbischof Franz Lackner
„Wir gehen nicht allein“

Es gibt keine Abkürzung, wir müssen den ganzen Weg gehen – wir sind dabei aber nicht allein.  | Foto: RB/Archiv
  • Es gibt keine Abkürzung, wir müssen den ganzen Weg gehen – wir sind dabei aber nicht allein.
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Christus ist auferstanden. Dieses Zeugnis, diesen Glauben braucht unsere Welt. Das macht Erzbischof Franz Lackner in seiner Osterbotschaft an die Leserinnen und Leser des Rupertusblatts deutlich und verweist darauf, dass Leiden unseren Blick verändere. „Dieser Blick hilft uns in jedem Menschen Christus zu sehen.“ 

Liebe Leserinnen und Leser!

Christus ist auferstanden. Dieses Zeugnis, diesen Glauben braucht unsere Welt. Das macht Erzbischof Franz Lackner in seiner Osterbotschaft an die Leserinnen und Leser des Rupertusblatts deutlich und verweist darauf, dass Leiden unseren Blick verändere. „Dieser Blick hilft uns in jedem Menschen Christus zu sehen.“ Liebe Leserinnen und Leser!
Es sind bedrückende Zeiten. Erschienen uns die beiden letzten Jahre schon als ungekannte Krise, so ist jetzt mit dem Krieg in der Ukraine ein neues Unheil in das Leben so vieler Menschen getreten. So viel Leid, so viel Tod, unschuldige Opfer und Menschen, die zu Tätern werden, oftmals ohne dies je selbst gewollt zu haben. Kinder Gottes die andere Kinder Gottes zerstören. Doch Chris-tus ist auferstanden! Diesen Glauben, dieses Zeugnis braucht unsere Welt. Die Auferstehung des Herrn allein kann uns aus den Schatten des Todes retten. Möge der Auferstandene auch in unsere Welt als erste Worte rufen: „Der Friede sei mit euch!“

„Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten.“ (Psalm 126,5)

Was für ein bewegendes Wort der Hoffnung aus dem Mund des Psalmisten. Es ist ein Wallfahrtslied. Auf der Wallfahrt oder Pilgerschaft unseres Lebens sind Tränen unsere Begleiter. Sie können uns und die Welt verändern. Es ist eine grundlegende Lebenserfahrung vieler Menschen, dass weinen können ein Geschenk ist, ja es gibt sogar ein Messformular (eine Auswahl von Texten und Gebeten für die heilige Messe) um die Gabe der Tränen. Wenn man jedoch nicht (mehr) weinen kann, verschließt sich der Schmerz im Inneren und wird immer größer, bis wir ihn nicht mehr überwinden können, bis er uns fesselt oder gar übermannt. Das Geschenk des Weinens aber bringt den Schmerz nach außen – und nach oben. Aufrichtige, aus einem liebenden Herzen kommende Tränen fließen – in Anlehnung an den heiligen Franz von Sales – direkt in den Himmel. Gott kann alles verwandeln und seine Wege sind nicht unsere Wege, aber sie sind immer Wege des Heils. So liegt es an uns, das Kreuz und die Tränen unseres Lebens anzunehmen.

Gott hat uns radikal gezeigt, was es heißt, Schmerzen nicht auszuweichen, sondern sie zu tragen: Er wurde Mensch und (er)trug alle Sünde der Welt. Sünde ist, was uns von Gott und den Menschen trennt, alles was Beziehungen und Leben zerstört. Er trug all das an das Kreuz und in die Auferstehung hinein, „denn es war angemessen, dass Gott (…) den Urheber ihres Heils durch Leiden vollendete.“ (Hebr 2,10) Dies ist ein Geheimnis unseres Glaubens: Der Messias, der Heiland, wurde vollendet durch Leiden. Dieses Geheimnis ist so tief, dass man schwer darüber einfach Aussagen machen oder Erklärungen bringen kann. Man kann aber diese Wahrheit auf vielerlei Weise erkennen. Schon der Beginn, die Geburt, steht über jedem Menschenleben wie ein Ausrufezeichen: Der größte Schmerz steht vor der größten Freude. Niemals soll man leichtfertig über den Sinn des Leidens sprechen oder schreiben, denn was sich hier so leicht schreibt oder liest kann sich über ein ganzes Leben erstrecken, durch Zweifel und Verzweiflung hindurch.

Es gibt keine Abkürzungen in unserem Lebensweg, wir müssen den ganzen Weg gehen. Wir gehen ihn aber nicht allein – Jesus, der Messias, ging ihn vor und geht ihn mit. Er ist der Weg und das Ziel. Am Ende dieses Weges steht die Heilung in der Begegnung mit dem lebendigen Gott, wir werden geheilt, heilig. Das Kreuz führt zur Auferstehung.

„Es gibt viele Dinge, die man nur mit Augen sehen kann, die geweint haben“ (Oscar Romero)

Joseph Roth hat 1930 in seinem Roman „Hiob – Roman eines einfachen Mannes“ diesen Weg beschrieben. Es ist fast nicht möglich, dieses Buch ohne Tränen in den Augen zu lesen. An der entscheidenden Stelle, noch bevor das Leiden wirklich beginnt, wird über den schwer behinderten Sohn von Mendel Singer und seiner Frau Deborah geweissagt: „Menuchim, Mendels Sohn, wird gesund werden. Seinesgleichen wird es nicht viele geben in Israel. Der Schmerz wird ihn weise machen, die Hässlichkeit gütig, die Bitternis milde und die Krankheit stark. Seine Augen werden weit sein und tief, seine Ohren hell und voll Widerhall. Sein Mund wird schweigen, aber wenn er die Lippen auftun wird, werden sie Gutes künden. Hab keine Furcht und geh nach Haus!“ Es ist ein langer und schwerer Weg, ein Kreuzweg, bis Mendel ausruhen kann „von der Schwere des Glücks und der Größe der Wunder“.

Die gütigsten, vertrauensvollsten und großherzigsten Menschen, denen wir begegnen, sind oft durch großes Leiden in ihrem Leben gegangen. Leiden verändern unseren Blick und „es gibt viele Dinge, die man nur mit Augen sehen kann, die geweint haben“. (Hl. Oscar Romero) Dieser Blick hindert uns daran, uns über andere Menschen zu stellen. Dieser Blick schenkt uns Verständnis füreinander. Dieser Blick hilft uns in jedem Menschen Christus zu sehen. Der für uns lebte und starb, der für uns auferstand und unser Leben, unser Leiden und Sterben in seine Auferstehung hineintrug.

Christus ist auferstanden. Halleluja!

+ Erzbischof Franz Lackner OFM

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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