Botschaft von Erzbischof Franz Lackner
Die Weihnachtsfreude möchte neu Wirklichkeit werden
Liebe Leserinnen und Leser!
Seit jenes, so einzigartige göttlich-menschliche Ereignis geschah, versuchen Menschen dem Geheimnis der Menschwerdung nachzuspüren. So wird von Anton Bruckner berichtet, dass er am Christtag früh morgens vom Mesner vor der Weihnachtskrippe kniend angetroffen wurde und auf dessen erstaunte Nachfrage, was er da tue, antwortete: „Nach der Christmette bin ich in der Kirche geblieben und habe die Krippe bis jetzt betrachtet. Ich bin noch nicht damit fertig geworden, dass Gott Mensch wird.“
In der Scholastik, der Hochblüte des Mittelalters, wurde das weihnachtliche Geheimnis unter der Fragestellung „Cur Deus homo? – Warum wird Gott Mensch?“ zuweilen äußerst konträr diskutiert.
So meinten die einen, die Menschwerdung Gottes sei nötig geworden, um den in Sünde gefallenen Menschen zu erlösen. Die anderen, die Franziskanerschule, konnte dem wenig abgewinnen. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen war die absolute Gutheit Gottes. Man könne und dürfe von Gott nicht denken, dass ein Übel, die Sünde, ihn zu diesem wunderbaren Geschehen der Menschwerdung veranlasst hätte. Vielmehr war sie von Ewigkeit in Gottes Liebesplan vorgesehen, um am Ende die ganze Schöpfung in Jesus Christus mit sich zu vereinen.
Sehnsucht – Grundwort unseres Glaubens
In der Menschwerdung ist Gott uns ganz nahegekommen, denn „Gottes Sehnsucht ist der Mensch“, wie es der heilige Augustinus ausdrückte. In Nazareth tauchte der Mensch gewordene Sohn Gottes in den gewöhnlichen Alltag ein. Das ist keine unbedeutende Vorgeschichte zum öffentlichen Wirken, sondern das eine und ganze Wesen des sich offenbarenden Gottes. Die Perspektive Gottes, wenn er uns Menschen auf Augenhöhe begegnen möchte, ist ein barmherziger Blick, ein Blick bedingungsloser Liebe, gezeichnet von Mitleid und Mitfreude zugleich, er ist der Immanuel, Gott mit uns.
Darin liegt die Frohe Botschaft von Weihnachten.Gottes Liebe und Treue bleiben
Umgekehrt bleibt zu fragen, wie wir Menschen auf Gott hinschauen. Wie war es bei seinem ersten Ankommen? Welches Umfeld wurde IHM damals bereitet? In der Herberge war kein Platz. Auch nicht in Jerusalem, der Stadt Gottes. All diese Orte lagen fest in Menschenhand. Die Krippe bleibt letzte Zuflucht Gottes. Dabei geht es nicht um bloße Äußerlichkeit, sondern sie steht vielmehr für eine innere Wirklichkeit: Des Menschen Weg ist geprägt von seiner Endlichkeit, seinem wesentlichen Mangel, von Eigennutz, Widerstand und Brüchen.
Was könnte Gott fehlen, um heute den gewöhnlichen Alltag des menschlichen Lebens zu teilen? An Liebe zu uns Menschen, an seiner absoluten Gutheit kann er nichts einbüßen. Der Blick der bedingungslosen Liebe Gottes bleibt, denn die Schrift bezeugt: „Wenn wir untreu sind, bleibt er [Gott] doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“ (2Tim 2,13). Gottes Liebe ist ohne unsere Freiheit nicht denkbar. Von daher werden die Verse des Angelus Silesius bedeutsam:
„Es mangelt nur an dir.
Ach könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden
Gott würde noch einmal ein Kind auf dieser Erden.“
Weihnachten möchte sich wiederholen, in unseren Herzen, in unserer Kirche, für alle. Eine große Freude. Diese Freude möchte Wirklichkeit werden. Öffnen wir dem Herrn, der da kommen will, die Tore unserer Herzen. Denn wie es einst geschah, so möchte es wieder geschehen zur Ehre Gottes und zum Frieden der Menschen seines Wohlgefallens.Ich wünsche Ihnen, dass die Freude des Weihnachtsevangeliums in Ihnen Wirklichkeit wird!
Ihr
Erzbischof Franz Lackner
Autor:Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT |
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