Palliative Care
Da sein, wenn es endet

Palliative Care: Ein gutes, möglichst beschwerdefreies Leben bis zuletzt ermöglichen. | Foto: RB/Photographee.eu/shutterstock.com
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  • Palliative Care: Ein gutes, möglichst beschwerdefreies Leben bis zuletzt ermöglichen.
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Mit dem Sterben leben. Gerade in der Osterzeit und der vorangegangenen Karwoche zeigte sich die Fülle des Lebens, das Wunden und Tod integriert. Christine Amschler ist das ganze Jahr über damit konfrontiert. Sie leitet mit einer Kollegin die mobilen Palliativteams der Caritas für die Stadt Salzburg, den Flachgau und den Tennengau.

Sterben geht meist nicht wie im Film: Die Augen schließen, ein letzter Atemzug und dann friedlich und leise einschlafen. „So verschieden wie die Menschen sind, so unterschiedlich ist es“, sagt Christine Amschler. Das Loslassen sei nicht einfach, nicht für die Sterbenden und nicht für Familie und Freunde.

Angehörigen die Ängste nehmen

„Warum bewegt er sich dauernd. Weshalb stöhnt sie so viel?“ Amschler weiß, wie entlastend es ist, dass Angehörige diese Fragen stellen können und beantwortet bekommen. Ihre Begleitung gehört dazu. Ängste nehmen, aufklären, gemeinsam nach Lösungen suchen. Darum drehe es sich im Alltag der mobilen Palliativteams und natürlich um Schmerztherapie und das Behandeln von Übelkeit, Erbrechen oder Atemnot. „Nicht mehr die Heilung steht bei unseren Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt, sondern die Lebensqualität“, berichtet die Diplomkrankenschwester. Sie weiß, dass der Wunsch „daheim sein zu können“ oft nur mit dem Palliativteam möglich ist. Dabei sei die Sterbebegleitung keine Hauskrankenpflege, sondern eine sehr spezialisierte Betreuung mit Diplomkräften, Sozialarbeiterinnen sowie Ärzten und Ärztinnen. Wenn die Menschen vom Krankenhaus nach Hause geschickt werden, gebe es vieles, auf das sie, ihre Familien und selbst Hausärzte nicht vorbereitet sein.

Die Coronapandemie habe die Lage verschärft und die Anfragen erhöht. „Wir bekommen verzweifelte Anrufe, weil die Besuchszeiten eingeschränkt sind und die Angehörigen ihre Lieben aus dem Heim oder Spital für die letzten Tage heimholen möchten.“ Amschler und ihr Team tun was möglich ist. Aufnahmestopp gebe es keinen. Gut angenommen werde das Bereitschaftstelefon, das von Montag bis Sonntag mit einer Diplompflegefachkraft besetzt ist. „Hier können unsere Patienten und Angehörige das besprechen, was sie bewegt, egal ob es um den Pflegegeldantrag geht oder medizinische Themen.“

Ohne Zeitbeschränkung kümmern

Sterben und Tod betrifft nicht nur die Alten. „Wir betreuen Tumorpatienten oder auch Herzerkrankungen im Endstadium. Wir stellen uns auf jede Situation ein, hören zu und sind da und das ohne Zeitbeschränkung.“ Amschler erzählt von einer jungen Mutter. Da seien vier kleine Kinder, die in der Wohnung spielen, während gleichzeitig ihre schwerkranke Mutter mit Sauerstoff versorgt werde. „Wie hältst du das aus?“ Wenn Freunde ihr diese Frage stellen, antwortet sie: „Ich habe den schönsten Job dieser Welt. Meine Kolleginnen und ich dürfen Menschen beistehen, wenn sie in Not sind. Wir werden in den Familien mit großer Dankbarkeit aufgenommen.“ Natürlich gehen die Schicksale der Betroffenen nahe. Dann helfe das Reden über das Erlebte. Und niemand werde vergessen. „Für jede und jeden haben wir eine Mappe, in die auch die Parte hineinkommt.“ Das würdevolle Verabschieden ist wichtig. Für heuer ist deshalb eine interreligiöse Gedenkfeier in der Salzburger Kirche Herrnau geplant, zu der alle Angehörigen eingeladen sind.

Sterbebegleitung statt Sterbehilfe

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Urteil befunden, dass der Straftatbestand der „Hilfeleistung zum Selbstmord“ gegen das Recht auf Selbstbestimmung verstößt. Bis Jahresende muss der Gesetzgeber ein Regelwerk für die Suizidbeihilfe finden. Die Position der Caritas ist klar: Sterbebegleitung statt Sterbehilfe. „Wenn eine Gesellschaft Sterbehilfe, egal welcher Form, erlaubt, öffnet sie eine Tür, die das Recht auf Leben bis zum letzten Atemzug einschränkt. Die geforderte Selbstbestimmung kann zu einer ,Kultur des Todes‘ werden“, warnt Caritas-Direktor Johannes Dines. Er plädiert für den Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung. „Wenn Menschen nicht allein gelassen werden, sie ohne Schmerzen sind, kommt der Wunsch nach Sterbehilfe nicht auf“, ergänzt Christine Amschler.

Die Caritas ist in Salzburg der einzige Anbieter einer mobilen Palliativbetreuung. Das Angebot finanziert sich aus Förderungen des Landes, der Krankenkassen und aus Spenden. „So können wir die Betreuung kostenlos anbieten. Niemand soll sich fragen müssen: Kann ich mir das leisten?“

Tipp: Mobile Palliativteams der Caritas gibt es im ganzen Bundesland Salzburg. 33 Mitarbeitende betreuten 2020 insgesamt 476 Patientinnen und Patienten. Kontakt: www.caritas-salzburg.at

Palliative Care: Ein gutes, möglichst beschwerdefreies Leben bis zuletzt ermöglichen. | Foto: RB/Photographee.eu/shutterstock.com
Christine Amschler bezeichnet ihre Arbeit in der Palliativbetreuung als „den schönsten Job, den ich mir vorstellen kann. Wir begleiten  Menschen ein Stück des Weges“. � | Foto: RB/ibu
Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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