Mensch-Tier-Beziehung
Ohne schuldig werden können wir nicht essen
von Michaela Hessenberger
Tiere nutzen und töten – ist das ethisch überhaupt vertretbar? „Ja“, sagt Professor Herwig Grimm von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Doch er schränkt ein: „Seit wir aus dem Garten Eden vertrieben wurden, bleibt uns nur die Gartenarbeit.“ Und die soll sorgsam gemacht sein.
Dem Klima, den Tieren oder dem eigenen Körper zuliebe: Weniger oder gleich gar kein Fleisch zu essen hat viele gute Gründe. Doch wird der Verzicht auf tierische Produkte langsam zum Muss für alle? Herwig Grimm winkt ab.
„Die rücksichtslose Dominanz des Menschen über das Tier ist ein Problem, die Wirtschaftlichkeit als Gegenspielerin zum Tierwohl ein anderes“, erklärt der Ethiker. Weil er selbst auch als Landwirt tätig ist, weiß der Wissenschafter, dass Bauern ihre Tiere nicht egal sind. „Aber wenn ein Kalb 20 bis 30 Euro wert ist und etwa eine Durchfall-Therapie 30 Euro kostet, dann krankt ja das ganze System.“
Harsche Kritik übt er auch an Methoden wie dem so genannten Kükenschreddern. Schlüpft ein männliches Huhn aus dem Ei, ist es aus ökonomischen Überlegungen wertlos und wird getötet. Grimm: „Im großen Stil sterben 50 Prozent der Küken, die an einem Tag schlüpfen.“ Er plädiert deshalb dafür, Tierleid zu reduzieren – ganz lasse es sich ohnehin nicht beseitigen.
Lebensmittel gehören geschätzt
„Sobald ein Mensch lebt und isst, geht das nicht ohne Weltaneignung, also ohne sich Tiere und Natur zunutze zu machen. Wir können nicht essen, ohne schuldig zu werden. Vegetariern und Veganern geht es übrigens exakt genauso“, gibt Herwig Grimm zu bedenken.
Denn: Um Tofu zu essen brauche es ein Feld, auf dem Soja wächst. Bei der Ernte würden unzählige Tiere sterben, Insekten, Spinnen, Schlangen, Mäuse oder auch einmal ein abgelegtes Rehkitz, sagt er.
Ob Fleisch oder Gemüse, bei Lebensmitteln sei jedenfalls wichtig, sie zu verwenden und nicht zu verschwenden. Grimm erinnert, dass rund ein Drittel dessen, was hergestellt wird, ungenutzt im Müll landet. „Es kann ja wirklich nicht sein, dass erst Klima und Tiere leiden und dann Wertvolles weggeworfen wird“, mahnt er. Besser: Gezielt auswählen – und das dann auch genießen und verbrauchen.
Tipp: Wir lieben und wir essen sie: Das Symposion zur Mensch-Tier-Beziehung findet vom 27. bis 28.9. in St. Virgil Salzburg statt. Infos und Tickets unter virgil.at
Kommentar zur Schöpfung
von Erzbischof Franz Lackner
Gott ist in Jesus Mensch geworden und bewahrt uns so davor, irgendeine Vorstellung von Gott zu haben. Jesus ist eben keine Idee, sondern eine Person, in der sich Schöpfer und Geschöpf, Gott und Mensch auf das Innigste begegnen und vereinen. Als Humanist mag man wohl die abstrakte Größe „Menschheit“ sehen, als Christ jedoch sieht man im einzelnen Menschen einen Ort der Gegenwart Gottes. Unser Glaube geht noch weiter: Alles Geschaffene ist sakramental, also ein sichtbares Zeichen der Herrlichkeit Gottes.
Umso wichtiger ist es, dass wir lernen, die apokalyptischen „Zeichen der Zeit“, die uns umgeben, zu deuten. Dürren und Überschwemmungen wechseln sich ab. Wir getrauen uns aber nicht auszusprechen was in Film, Musik und im Aufbegehren (junger) Menschen allgegenwärtig ist. Wir müssen und sollen dabei nicht an das endgültige Ende der Welt, auf das sie gewiss auch zugeht, denken; darüber zu spekulieren steht uns nicht zu.
Aber jede Generation wird etwas vom endgültigen Ende auch zu erleiden haben. Wir bewegen uns auf ein Ende, eine Apokalypse, zu. Apokalypse bedeutet Enthüllung: Es enthüllt sich, wohin unser Weg, wohin unsere Entscheidungen führen. Was wir von Gott als Kirche anvertraut bekommen haben, ist hier so etwas wie der Missing-Link, der doch alles verändert. Wir wissen, woher allein die unabwendbare und nötige Wandlung kommen kann.
Sie liegt in der Hoffnung, und diese in Jesus, dem Messias. „Richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe” – „seht, ich mache alles neu” (Lk 21,28 und Offb 21,5).
Autor:Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT |
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