Weltbauerntag am 1. Juni
Mit neuen Ideen in die Zukunft
Am 1. Juni ist Weltbauerntag. Bäuerinnen und Bauern nehmen auch in Kärnten nicht nur eine Versorgerrolle ein. Mit der Pflege der Kulturlandschaft, als Funktionsträger:innen in verschiedensten Vereinen und ihrem innovativen Wirtschaften sind sie oft das Herz eines Ortes.von Carina Müller
Schon früh morgens geht es nach einer Runde im Stall mit dem Traktor auf das Feld. Am Bauernhof wird 365 Tage im Jahr gearbeitet – auch am Wochenende. Oft passiert das neben der „normalen“ Arbeit. Viel Freizeit bleibt, vor allem wenn noch Kinder im Hof umherlaufen, nicht. Doch wenn, geht es meist zu den Vereinen des Ortes – ob in Funktion, auf einen Freundschaftsbesuch oder als Helfer:in in Not. Im ländlichen Bereich kennt ihn oder sie jeder. Die Rede ist von den Bäuerinnen oder den Bauern des Ortes. Tagtäglich und rund ums Jahr leisten sie einen großen Teil für die Kulturlandschaft der Region – ein stressiger Alltag, aber wohl einer der schönsten Berufe, die es gibt.
Landwirt:in sein als Nebenerwerb
Der Weltbauerntag wird seit 2000 gefeiert, um auf die wichtige Arbeit von Bäuerinnen und Bauern hinzuweisen. In Kärnten sorgt Landesbäuerin Astrid Brunner dafür, Landwirt:innen vor den Vorhang zu holen und zu zeigen, was sie eigentlich leisten. Sie erzählt: „Wir können einerseits in weiten Bereichen Lebensmittelsicherheit gewährleisten. Andererseits erhalten wir mit unserer Bewirtschaftung die Kulturlandschaft. Nebenbei sind Bäuerinnen und Bauern im ländlichen Raum sehr gut integriert und engagiert – sei es in der Gemeinde, in den Pfarren oder in den Schulen.“Doch Landwirt:in zu sein, ist nicht immer einfach. In den letzten Jahrzehnten hat sich einiges geändert – vor allem auch das Konsumverhalten der Menschen. Billig steht oft vor regional. In Kärnten gibt es 18.228 land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Nur 26 Prozent davon sind Haupterwerbsbetriebe: „Über 70 Prozent sind Nebenerwerbsbetriebe. Die Landwirt:innen müssen nebenher arbeiten gehen oder sich in der Diversifizierung ein zweites Standbein schaffen. Ohne dieses ist man mit der kleinen Landwirtschaft nicht lebensfähig“, so Brunner.
Innovativer Bauernhof
Einige Bauernhöfe haben es geschafft sich dieses zweite Standbein aufzubauen. Die Landesbäuerin erzählt: „Viele kleine Betriebe haben sich in der Direktvermarktung spezialisiert. Sie haben nicht nur den Rohstoff produziert, sondern die ganze Wertschöpfungskette selbst in die Hand genommen – vom Anbau bis zum fertigen Produkt. Am Beispiel Milch: Man veredelt die Milch und macht Joghurt, Topfen oder einen Käse daraus. Damit fährt man an den Markt oder vermaktet ‚Ab Hof‘.“ Neben der Direktvermarktung gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, sich ein weiteres Standbein direkt am Hof aufzubauen. Eine solche Möglichkeit bietet, ein sogennanter „Green-Care Betrieb“ zu werden: „Wir haben Betriebe, bei denen die Bäuerinnen und Bauern aus dem sozialen Bereich kommen. Sie schaffen auf den Höfen z. B. ein Angebot für Menschen bis zur Pflegestufe 3“, erklärt Brunner. Ein solcher Hof ist der Gipflerhof. Seit 2017 ist er ein „Alternativer Lebensraum“ für Menschen mit Pflegestufe 0-3. Dabei handelt es sich um eine bewilligte Leistung im Bereich der stationären Pflege und Betreuung, die den Bewohner:innen Betreuung und Pflege in familiärer Atmosphäre ermöglicht. Die Besitzer des Hofes, Griseldis und Othmar Felsberger, verfügen neben ihrer land- und forstwirtschaftlichen Ausbildung auch über Qualifikationen in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie Altenarbeit. Durch die Mitarbeit im Garten, bei der Versorgung der Tiere sowie durch das gemeinsame Kochen, Basteln und das aktive Erleben der Natur werden vorhandene Fähigkeiten erhalten bzw. verlorengegangene Ressourcen wiederhergestellt. Brunner ist begeistert: „So etwas wäre auch im Bereich der Kinderbetreuung denkbar.“
Begegnung um Bewusstsein zu schaffen
Trotz der vielen Bemühungen sieht es für den einen oder anderen Hof am Monatsende finanziell nicht rosig aus. Viele Konsument:innen sind nicht dazu bereit, für regionale und qualitätiv hochwertige Produkte etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Astrid Brunner wünscht sich hier mehr Solidarität und Verständnis: „Wenn ich nicht einmal die Milch von dem Betrieb, der in meiner Region ansässig ist, nehme, dann werden diese kleinen Betriebe mit der Zeit nicht mehr da sein, weil sie nicht überleben können. Auch Arbeitsplätze gehen dadurch verloren.“ Dem wollen auch die Seminarbäuerinnen vorbeugen. Sie informieren Kinder und Jugendliche in Kindergärten und Schulen und halten Vorträge und Workshops für Erwachsene. In ihrem 25-jährigen Bestehen haben die Seminarbäuerinnen in über 11.000 Einsätzen fast 320.000 Personen jeglicher Altersgruppe über regionale Lebensmittel informiert. Projektleiterin der ARGE Seminarbäuerinnen Kärnten, Manuela Pichler, erläutert: „Der Bezug zur Landwirtschaft hat stark abgenommen. Uns ist es ein ganz großes Anliegen, dass wir das Wissen, das damit verloren gegangen ist, den Kindern weitergeben. Wir wollen den Kindern so gut es geht aufzeigen, wie bei uns in Österreich Lebensmittel produziert werden, was man mit diesen heimischen Lebensmitteln alles machen kann und was sie für einen Wert haben. Denn wenn man sich nicht auskennt, entstehen Vorurteile und Konflikte. Wenn man sich ein bisschen auskennt, hat man Verständnis und man weiß, warum ein Lebensmittel einen bestimmten Preis haben muss.“ Doch eines steht trotzdem fest, so Landesbäuerin Astrid Brunner: „Wir haben sicher einen der schönsten Berufe überhaupt. Und das wissen unsere Bäuerinnen und Bauern. Wir wohnen in der Regel an schönen Orten, haben alle Bauernhöfe und arbeiten in der Natur – das ist wirklich toll.“
Autor:Carina Müller aus Kärnten | Sonntag |
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