Meinung
Geheimnis von Weihnachten

Markus Stephan Bugnyár  (46) ist Rektor des Österreichischen Hospizes in Jerusalem. | Foto: privat
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Hier müssen Sie Weihnachten schon suchen. Am Schmuck in den Straßen erkennen Sie die nahenden Feiertage nicht. Gerade hier, im Heiligen Land, sind wir Christen in der Minderheit. Wenn es großzügig berechnet wird, vielleicht 1,8 % der Bevölkerung.

Besonders lange müssen Sie Weihnachten hier aber nicht suchen. Am besten, wir fahren nach Betlehem, dem Ort der Geburt Jesu. Oder besuchen die Hirtenfelder im Nachbarort. Oder Nazaret im Norden in Galiläa.

So wenige Christen wir hier sind, wir alle sind doch ganz nahe am Geheimnis von Weihnachten dran. Denn hier erblickte Jesus das Licht der Welt. Nirgendwo anders strahlte unsere Hoffnung zuerst auf. Deshalb kommen Menschen immer noch hierher. Um das Licht zu sehen. Um sich Hoffnung schenken zu lassen.

In Gaza sind es noch einmal weniger Christen. Die katholische Pfarre dort liegt mir besonders am Herzen. Als Minderheit müssen sie alles selbst organisieren: Kindergarten, Schule, Gemeinde.

Auch ein Heim für schwerstbehinderte Neugeborene gibt es. Kleinkinder mit so massiven körperlichen Beeinträchtigungen, wie ich sie nie zuvor gesehen hatte. Kaum ein Kind erreicht hier das 7. Lebensjahr. Und doch empfingen mich die Kinder mit einem breiten Lächeln, krochen unendlich mühsam auf mich zu, zerrten sich mit unvollständigen Händchen an meinen Beinen hoch, wollten nichts lieber als in den Arm genommen werden. Mir versagte die Stimme vor Traurigkeit und die Kinder waren erfüllt von Herzlichkeit.

Die Schwestern führten mich herum. Ganz hinten sind die Waschräume. An der Wand steht in großen Buchstaben: „Was ihr für einen dieser Geringsten tut, das tut ihr mir.“

Im allerletzten Raum befindet sich unendlich traurig eine kleine Aufbahrungshalle. Hier steht an der Wand: „Das ist mein Leib.“ Ich konnte mich nicht mehr halten. Ich musste weinen.

Das Geheimnis von Weihnachten, das Geheimnis der Menschwerdung, erfüllte mich.

Siehe auch jerusalempilger.at

Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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