Erinnerung an einen Unbequemen
Papa Grubers Suppe in der Hölle

Zu Tode gefoltert Franz Froschauer spielt Johann Gruber und führt Regie. | Foto: Bernhard Mühleder
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  • Zu Tode gefoltert Franz Froschauer spielt Johann Gruber und führt Regie.
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Am 22. September wird in der Wiener Michaelerkirche das Theaterstück „Der Fall Gruber“ von Thomas Baum in der Regie von Franz Froschauer gezeigt – ein Beitrag wider das Vergessen und für die Erinnerung an einen unbequemen Priester, der in der NS-Hölle über sich hinausgewachsen ist.

Johann Gruber war begabt und beliebt. Der Priester, Lehrer und Reformpädagoge war aber auch ein Querdenker. Der kleine Mann mit dem großen Herzen ließ sich den Mund nicht verbieten und scheute keinen Konflikt, wenn es um seine Anliegen für die gute Sache ging.

Geboren 1889 in Grieskirchen in Oberösterreich, lernte er als Waisenkind früh Armut kennen, für seine Geschwister wollte er immer da sein. „Das Studium führte ihn nach Wien und zu neuen Erkenntnissen. Der Farbenstudent der CV-Verbindung Norica, der auch der spätere Bundeskanzler Leopold Figl angehörte, war stets lustig.“ Das berichtet Wolfgang Bandion vom Mauthausen-Komitee, der sich für die Aufführung in der Michaelerkirche eingesetzt hat.

Beherzt und unbeirrt
Der Eifrige kehrte voll Tatendrang zurück in die oberösterreichische Provinz und eckte bald mit seinen Neuerungsideen auch innerkirchlich an. Der charismatische Seelsorger wurde bald angefeindet. Beherzt und unbeirrt machte er weiter, argumentierte gewandt und clever. Sein Biograph Helmut Wagner meint, dass Gruber so gegen die Normen der Systeme verstieß. Im NS-Regime war das weitaus gefährlicher und führte schon 1938 zu einem Schauprozess.

Als Schutzhäftling 43.050 landete Gruber 1940 im KZ Gusen. Hier entfaltete er seine Fähigkeiten vollends. Gruber baute im KZ ein Hilfswerk auf, inklusive einer gut getarnten Schule. Legendär ist die nach ihm benannte Papa-Gruber-Suppe. Der Zeitzeuge René Dugrand berichtete: „Ein Mithäftling erhielt die Kommunion. Ich zeigte ihm, dass ich danach Verlangen hatte. Er schaute mich lange und sehr lieb an: ‚In deinem Zustand ist die Suppe wichtiger als die Hostie. Eure Hostie ist eine Rübensuppe.‘“

Ein an den Bischof gerichteter Brief mit Schilderungen aus dem KZ brachte ihn am Ende zu Fall. Das Schreiben wurde in einer Linzer Straßenbahn gefunden. Die Folgen der Folterungen überlebte er nicht.

2016 rehabilitiert

Gruber starb am Karfreitag 1944 und geriet zunächst in Vergessenheit. Erste Biographien entstanden Jahrzehnte später, der Papa-Gruber-Kreis in Gusen begann die Geschichte aufzuarbeiten. Erst 2016 wurde Johann Gruber durch das Strafgericht Wien vollständig rehabilitiert.

Schließlich wurde das Theaterstück „Der Fall Gruber“ 2017 im Linzer Dom uraufgeführt. Die Aufführung in Wien ist eine weitere Station wider das Vergessen des Unbequemen, der zum Engel für die Jugendlichen geworden war.

Der Fall Gruber, 22.9.2022, 19:30 Uhr, Michaelerkirche, 1010 Wien, freier Eintritt

Autor:

Sophie Lauringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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