Weltkirche und Erzdiözese in der Statistik
Um- und Abbruchszeit
Die Jahre von 1995 bis heute waren für die Weltkirche eine Zeit voller Dynamik und Wachstum. In Österreich setzte sich der schon seit den 1970er Jahren bemerkbare Umbau fort: von einer Kirche, der man aus Tradition angehört zu einer Kirche, in der man aus Überzeugung Mitglied ist.
Katholiken in Österreich und der Erzdiözese Wien
Ein Wachstum in die Breite hat die katholische Kirche von 1945 bis Anfang der 70er Jahre erlebt. Der stärkste Faktor dafür war der Geburtenreichtum der sogenannten Babyboomer-Generation. Ab etwa 1970, noch stärker ab 1980, bewirkte der Pillenknick gemeinsam mit sich häufenden Austritten eine Trendumkehr. Bis etwa 1985 ging vor allem in den großen Städten die Katholikenzahl deutlicher zurück als auf dem Land. Seit 1985 haben aber die ländlichen Gegenden „aufgeholt“. So fiel etwa der Anteil der Erzdiözese Wien an allen Kirchenaustritten in Österreich von 50 Prozent zu Beginn der Amtszeit Schönborns als Erzbischof auf mittlerweile 28 Prozent. Zudem profitiert Wien auch von katholischer Zuwanderung.
Die Austritte bewegen sich nur im Bereich von etwa 1,5 Prozent der Katholiken pro Jahr. Kaum eine andere Institution mit freiwilliger Mitgliedschaft hat so niedrige Austrittszahlen. Selbst im Jahr der Missbrauchsskandale 2010 waren es nur 1,9 Prozent. Kumuliert sind sie aber doch eine ganze Menge: Seit 1995 gab es in Wien insgesamt fast 400.000 Austritte.
Katholiken (in Mio.)
Dynamische Weltkirche: Während in fast ganz Europa die Zahl der Katholiken kontinuierlich sinkt, verzeichnet die Weltkirche starkes Wachstum. Faktoren sind das Bevölkerungswachstum in traditionell katholischen Regionen wie etwa in Südamerika und die schnell wachsenden jungen Kirchen in Afrika oder Asien. Für 2050 wird erwartet, dass allein in Afrika fast doppelt so viel Katholiken leben werden als in Europa.
Katholische Priester
Priesterweihen (Weltpriester)
Priestermangel ist eines der Schlagworte der letzten Jahrzehnte. Dabei ist in der Weltkirche die Zahl der Priester stabil geblieben – allerdings bei stark gestiegenen Gläubigenzahlen –, aber auch in der Erzdiözese Wien hat die Zahl der Priester weniger abgenommen als die der Gläubigen oder die der praktizierenden Katholiken. In vielen außereuropäischen Ländern, in Afrika, Asien aber auch Teilen Lateinamerikas füllen sich die Seminare, sodass sich die Situation verbessert.
Auch Wien profitiert von den Priesterberufungen anderswo. Die Zahl der Weihen ist zurückgegangen, aber die Zahl der Priester aus anderen Ländern gestiegen, sodass heute das Zahlenverhältnis von praktizierenden Katholiken zu Priestern besser ist.
Ständige Diakone
Eine Erfolgsgeschichte ist jene der vom 2. Vatikanischen Konzil wiederbelebte Institution der ständigen Diakone, die als geweihte Kleriker mitten in Beruf und Familie stehen. 1970 hat Kardinal König die ersten in Wien geweiht, seither hat sich ihre Zahl deutlich vermehrt. Sie haben ihren festen Platz in Seelsorge und Liturgie der Pfarren gefunden.
Taufen
Parallel zum abgeflachten Bevölkerungswachstum verlangsamt sich auch das Wachstum der Weltkirche. In Österreich kommt auch öfter vor, dass katholische Eltern ihre Kinder nicht taufen lassen
Trauungen
Kaum ein Parameter zeigt die Abkehr von der Volkskirche deutlicher auf als die Trauungen. Während in Österreich die Zahl ziviler Eheschließungen stabil bleibt, fehlen immer öfter die Voraussetzungen (und offenbar auch die Attraktivität) für die früher so maßgebliche Hochzeit in der Kirche.
Gottesdienstbesucher am Sonntag
Wachstum in die Tiefe? Dass die „lauen“ Christen aus der Kirche ausziehen und die engagierten übrigbleiben, zeigt sich etwa bei den Zahlen der Gottesdienstbesucher nicht. So sank in der Erzdiözese Wien der Anteil der sonntäglichen Gottesdienstbesucher an allen Katholiken von 17 Prozent (1970) auf 15 (1995) und schließlich auf 10 Prozent heute. Das bedeutet: Der Anteil jener Katholiken wächst, die seltener oder gar nicht am Leben der Kirche teilnehmen.
Autor:Michael Prüller aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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