Inspiration aus dem Ordensleben
Geben wir einander nicht auf!
Schwester Christine Rod ist Theologin und Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz. Auf die Idee, Influencerin auf Social Media zu werden, ist sie vermutlich noch nicht gekommen. Vielleicht könnten ihre Erfahrungen aus dem Klosterleben unter den Hashtags #selbstfürsorge #geschlechtergerechtigkeit oder
#miteinanderstattnebeneinander Beachtung finden?
Präsent, relevant und wirksam – das Motto der Österreichischen Ordenskonferenz, deren Generalsekretärin Christine Rod ist, hat sie sich auch persönlich an die Fahnen geheftet:
Als Ordensfrau möchte sie präsent sein mitten unter den Menschen, die Wirklichkeit aktiv mitgestalten und in diesem Sinne relevant sein in der Gesellschaft von heute.
Denn auch wenn Sr. Christine Rod ihren Lebensstil auf Basis ihres Glaubens und innerhalb einer kirchlichen Struktur gewählt hat, so ist sie doch mit den „ganz normalen“ Problemen und Fragen des Lebens beschäftigt. Wie finde ich Erholung im stressigen Alltag? Wie gehe ich mit Konflikten um? Wie geht es weiter mit unserer Welt? Und nicht zuletzt: Wie gestalte ich meinen Sommerurlaub? „Ich liebe Bewegung und da vor allem das Wandern. Dieses Jahr werde ich den Münchner Jakobsweg gehen. Den Blick auf die Berge und die Weite des
Bodensees, das stelle ich mir sehr sonnen- und lebensvoll vor und freu mich schon sehr darauf.“
Lebensrhythmus
Sr. Christine Rod wird allein unterwegs sein und die Stille in der Natur genießen. Etwas, das den meisten Menschen zunehmend schwerer fällt. „Wenn ich von meinen jährlichen Exerzitien (Einkehrtagen) erzähle, in denen eine Woche nicht gesprochen wird, löst das gleichzeitig Faszination und Erschrecken aus. Aber die Stille gibt, wie in der Musik die Pause, den Rhythmus vor. Ich nehme in der Gesellschaft eine starke Sehnsucht wahr, in so einem Rhythmus zu leben.“ Ein guter Rhythmus dient der Entspannung und nicht umsonst heißt in alter
Klostersprache die Zeit der Erholung „Rekreation“ – Neuschaffung.
Verbindliche Lebensgemeinschaften
Aber der gute Umgang mit der Stille braucht Zeit und Übung. Ebenso wie das Leben in Gemeinschaft. Denn auch im Kloster gibt es nervige, anstrengende, laute, unordentliche und schräge MitbewohnerInnen. Wie in jeder WG und Familie. Mit dem Unterschied, dass man sich den/die LebenspartnerIn im Normalfall selbst gewählt hat. Im Kloster findet sich mitunter ein wilder Mix aus verschiedenen Kulturen, Persönlichkeiten, Altersstufen und vor allem Bedürfnissen. Was da hilft? „Auf das Gute schauen, nicht immer Probleme wälzen. Wenn ich eine Schwester, statt ihr an den Kopf zu werfen, was mich gerade am meisten an ihr stört, frage, was sie heute erlebt hat, tun sich oft ungeahnte Welten auf.“
Nicht ganz so „mitten in der Moderne angekommen“ mutet das Frauenbild und die Leitungsstruktur der Kirche an. Aber auch auf dem Gebiet haben Ordensmenschen mehr zu bieten als vermutet. Denn in den meisten Gemeinschaften wird nach einem streng demokratischen Prinzip gelebt und entschieden und das seit Jahrhunderten. „Ja, dass eine Frau in der Kirche eine leitende Funktion innehat, ist immer noch nicht selbstverständlich, aber es gibt sie. In meiner Tätigkeit innerhalb der Ordenskonferenz erlebe ich die Zusammenarbeit zwischen Männern und Frauen auf Augenhöhe und sehr gut eingespielt.“
Miteinander statt Nebeneinander
Im Blick auf Pandemie, Klimakrise und Krieg hat auch die im Glauben an Gott feststehende Ordensfrau keine schnellen Lösungen und schon gar keine Antworten auf die Warum-Fragen. Aber eine Bitte: „Bleiben wir im Gespräch. Auch, wenn es schwierig ist. Alles ist besser als in ein „Nebeneinander-her-Leben“ zu geraten, in dem wir uns voreinander schützen oder nichts mehr voneinander wissen wollen. Das möchte ich allen sagen: den Familien, den
Paaren, den Kollegen und Kolleginnen, den Nachbarn, … Geben wir einander nicht auf!“
Autor:Veronika Bonelli aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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