Postkarten
Essen gut, Wetter schön, liebe Grüße
Mit WhatsApp und Co. lassen sich Urlaubsgrüße heutzutage schnell und günstig verschicken. Genau diese Eigenschaften begründeten 1869 auch den Erfolg der Postkarte.
Warum immer gleich einen Brief schreiben, wenn nur eine kurze Benachrichtigung oder Glückwünsche versendet werden sollen? Das fragte sich Emanuel Herrmann, Professor der Nationalökonomie, im Jahr 1869, zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie. Also schrieb er im Abendblatt der „Neuen Freien Presse“ vom 26. Jänner desselben Jahres seine Idee für eine Kommunikationsform nieder, die kostengünstig, ohne Kuvert, Siegellack und förmliche Ausdrucksweisen auskommen sollte: die Postkarte.
Herrmanns Vorschlag konnte die staatliche Post in Wien durchaus etwas abgewinnen, auch wenn es einige Kritikpunkte gab. Beispielsweise änderte sie den Namen von „Postkarte“ in „Korrespondenzkarte“, um Verwechslungen mit anderen Postprodukten vorzubeugen.
„Höchst bedenklich“ schien der Post, „dass bei Korrespondenzkarten ein schützender Briefumschlag fehlte. [...] Könnte da nicht jemand auf die Idee verfallen, auf solche Karten unziemliche oder gar beleidigende Äußerungen zu schreiben und damit der Post ,Anstände‘ machen?“ (Quelle: „500 Jahre europäische Postverbindungen. Aus Österreichs Postgeschichte – Ein Kaleidoskop“, Wien, 1990, Eigenverlag). Um dieser Sorge entgegenzuwirken, erhielten die Korrespondenzkarten den Hinweis: „Die Postanstalt übernimmt keine Verantwortlichkeit für den Inhalt der Mittheilungen.“
Mehrere Köpfe, dieselbe Idee
Bereits vor Herrmanns Vorstoß 1869 hatte der Postreformer und Gründer des Reichspostmuseums – dem heutigen Museum für Kommunikation Berlin – Heinrich von Stephan 1865 die Einführung eines „offenen Postblattes“ als einfach und kostengünstige Alternative zum Brief vorgeschlagen. Ende Juli 1868 reichten der Buchhändler G. H. Friedlein und der Kaufmann Friedrich Wilhelm Pardubitz beim Generalpostamt in Berlin fast zeitgleich je ein Muster einer „Universal-Correspondenz-Karte“ ein. Diese Vorschläge wurden jedoch allesamt abgelehnt (Quelle: mfk-berlin).
So kam es, dass die Korrespondenzkarte am 1. Oktober 1869 von Österreich-Ungarn aus die Welt eroberte: Die erste ihrer Art wurde an ebendiesem Datum von Perg bei Linz nach Kirchdorf versandt und diente der Abstimmung eines Besuchs im Bekanntenkreis. Das Original liegt im Musuem für Kommunikation Berlin (mfk-berlin) auf. Dort gab es von Agust 2019 bis Jänner 2020 eine Ausstellung zu „150 Jahre Postkartengrüße“. Auf der Website www.ausstellung-postkarte.de bekommt man davon einen Eindruck.
Siegeszug
Es schien, als hätten die Menschen nur darauf gewartet, so schnell wurde die Korrespondenzkarte zum Erfolg: Allein im Oktober 1869 verkaufte die Post 1,4 Millionen Stück. Mit dem Aufblühen von Tourismus und Fremdenverkehr stieg auch die Nachfrage nach Postkarten mit Bildern, 1899 beförderte die Post beispielsweise 294 Millionen dieser „Ansichtskorrespondenzkarten“. Abgebildet wurden bei weitem nicht nur Landschaften, Städte oder Gebäude, sondern auch Motive aus Kunst, Sport, Liebe und Erotik, Humor, Politik, technische Errungenschaften oder Katastrophen.
Die Blütezeit reichte bis zum Ersten Weltkrieg, danach erfuhr das Versenden und Sammeln der Karten einen Dämpfer – wohl wegen des Aufkommens von Illustrierten und Sammelbildern sowie der allgemeinen Wirtschaftslage.
Beliebt bis heute
Heuztutage werden natürlich immer noch Postkarten verschickt, der Digitalisierung zum Trotz. Laut Post AG werden an Spitzentagen in der Haupturlaubszeit täglich bis zu 1.200 Postkarten über das Service „Post KartenStudio“ verschickt. Hier kann man Urlaubsfotos direkt auf dem Handy als Postkarten gestalten, die Post druckt diese aus und verschickt sie.
Dass die Postkarte keineswegs tot ist, beiweisen auch Projekte wie „Postcrossing“. Meldet man sich auf der gleichnamigen Plattform an, kann man Postkarten an Personen in der ganzen Welt versenden und auch selbst erhalten – alles per Zufallsprinzip. Stand Anfang Juli 2022 zählt die Plattform mehr als 800.000 Mitglieder in 207 Ländern.
Autor:KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung |
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