Zum 80. Geburtstag von Josef Kopeinig
Gott finden in Worten und Bildern
Der Rektor des Bildungshauses Tainach/Tinje über seine große Liebe, warum er kein Missionar wurde, was einen Priester ausmacht, über die Aufgaben eines Bildungshauses und was bleibt
Sie wurden am 14. Mai 1941 in einer mehr als schwierigen Zeit geboren. Wie war Ihre Kindheit?
Kopeinig: Ich komme aus St. Peter am Wallersberg und bin in einer slowenischen Familie aufgewachsen. Wir haben in sehr einfachen Verhältnissen gelebt. Wir vier Brüder haben in einem Bett geschlafen. Insgesamt waren wir sechs Kinder, und ich bin der Jüngste.
Wie kamen Sie auf die Idee, Priester zu werden?
Kopeinig: Ich war schon früh Ministrant, und mit zehn Jahren erwachte in mir der Wunsch, Priester zu werden. Mein Vater hat immer gebetet, dass eines seiner Kinder eine geistliche Berufung erfährt und hat sich entsprechend gefreut. Weil ich in der Schule gut war, hat mich unser Pfarrer zur Aufnahms-prüfung nach Tanzenberg geschickt.
Wie war der Aufenthalt in Tanzenberg für Sie?
Kopeinig: Es war für mich eine extrem glückliche Zeit! Ich habe keine Sekunde an diesem Weg gezweifelt. Nach der Matura wartete ich schon ungeduldig auf die Priesterweihe. Mein Primizspruch lautete: Gottes Wege sind Gnade und Barmherzigkeit, sein Ruf ist Liebe. Dieser Spruch begleitet mich noch heute.
Was bedeutet Priester-Sein für Sie?
Kopeinig: Es ist die geistige Quelle für all meine Arbeit. Nur wenn Gott den ersten Platz hat, hat alles andere auch seine richtige Ordnung. Für die pastorale Arbeit am wichtigsten ist mir, ein hörender Mensch zu sein. Wir sind sehr schnell darin, andere zu belehren und ihnen zu predigen. Meine Erfahrung ist, dass die Leute unendlich dankbar sind, wenn ihnen jemand zuhört.
Sie unterstützen viele Missionare. Hatten Sie nie den Wunsch, selbst Missionar zu werden?
Kopeinig: Eigentlich nicht. Ich bin kein praktischer Mensch und außerdem fehlt mir der Mut dazu. Ich denke, die Unterstützung der Missionare von hier aus ist ebenso wichtig. Schon seit meiner Schulzeit in Tanzenberg ist die Arbeit für die Mission meine große Liebe.
Was sind besonders schöne Erfahrungen in dieser Arbeit?
Kopeinig: Seit ich 1968 die slowenische Missionskanzlei übernommen habe unterstützen wir indische Priesterstudenten. Das werden inzwischen an die 4000 sein. In jüngster Zeit ist es das Kärntendorf auf Madagaskar, das große Freude bereitet. P. Pedro Opeka leistet dort Gewaltiges, und wir unterstützen ihn mit ganzer Kraft.
Eine Kraftquelle ist die bildende Kunst. Malen Sie selbst auch?
Kopeinig: Ich bin kein besonders kunstbegabter Mensch – weder bildnerisch noch musikalisch. Aber das Bild hat mich immer fasziniert. In Kürze erscheint ein Buch mit dem Titel „Im Anfang war das Wort – im Anfang war das Bild“. Da zeigen wir u. a. Bilder von den mehr als 500 Ausstellungen mit vorwiegend jungen oder unbekannteren Künstlern in Tainach. Jedes Bild – ob von einem Künstler oder einem kleinen Kind – ist doch im Letzten die Suche nach dem Menschenbild und damit nach dem Gottesbild.
In Zeiten von Corona ist das Bildungshaus geschlossen. Ist ein Bildungshaus im digitalen Zeitalter noch zeitgemäß?
Kopeinig: Gerade das, was wir jetzt erleben, zeigt deutlich, wie wichtig ein Bildungshaus als Haus der Begegnung ist. Denn der Mensch lernt durch den Austausch und Dialog mit anderen. Das funktioniert im Internet nicht.
Zeigt Corona vielleicht sogar neue Aufgaben für ein Bildungshaus auf?
Kopeinig: Durchaus. Das Bildungshaus kann eine Gesprächsoase sein, in der man zu sich findet und seine Berufung – wie immer diese aussieht – entdeckt. Dazu gehört eben auch der persönliche, zwischenmenschliche Dialog. Unsere Wege führen immer zu den Menschen. Liebe bedeutet, sich für andere Zeit zu nehmen.
Sie leiten seit 53 Jahren Tainach. Haben Sie noch immer Lust am Bildungshaus?
Kopeinig: Die Arbeit im Bildungshaus ist so vielfältig, dass sie mir nach so vielen Jahren noch immer Freude macht.
Welche Bedeutung hat Tainach heute als Drehscheibe des Dialoges zwischen den Volksgruppen und zwischen Slowenien und Österreich?
Kopeinig: Von der Zeit der Diözesansynode, als Ernst Waldstein und Valentin Inzko sen. hier viele Gespräche führten, bis heute fördern wir den Dialog zwischen den Volksgruppen. Wir waren und sind aber auch eine Art Heimat für viele slowenische Priester. In der kommunistischen Zeit wurden wir deshalb auch vom jugoslawischen Geheimdienst beobachtet. Heute gibt es enge Kontakte zu Politikern auf beiden Seiten, und Tainach ist immer wieder ein Begegnungszentrum für bilaterale Gespräche.
Ist das geistliche Zentrum, die Kapelle, so etwas wie Ihr Vermächtnis?
Kopeinig: Viele Menschen pilgern nach Tainach, um die Kapelle von P. Marko Ivan Rupnik zu erleben. Er ist ja ein weltweit bekannter Mosaikkünstler. Das große Thema dieser Kapelle ist „Begegnung“, also programmatisch für unser Bildungshaus. Ich hoffe sehr, dass mein Nachfolger diese Kapelle zu würdigen weiß.
Wie sollte Ihr Nachfolger sein?
Kopeinig: Darüber zu urteilen, wer besser oder schlechter wäre, steht mir nicht zu. Wer immer kommt, wird das Haus anders weiterführen. Der Nachfolger soll kein Imitator sein, sondern das Bild des Bildungshauses neu einfärben.
Was soll Ihrem Wunsch nach bleiben?
Kopeinig: Ich bin froh und dankbar, dass das Bildungshaus in Kärnten und weit darüber hi-naus sehr anerkannt ist – als zentraler Faktor für den Dialog der Volksgruppen und eine Stätte der Kunst, die andere Dimensionen der menschlichen Existenz aufzeigt. Ich weiß nicht, was davon bleiben wird. Aber ich fürchte mich nicht vor dem Tod, denn ich weiß: Wenn ich hier die Augen schließe, wartet Er auf mich, der uns am meisten liebt.
Autor:Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag |
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