Kannst du deine Berufung hören?
Zum Weltgebetstag für geistliche Berufungen

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Berufung: in der Bibel vielleicht, aber heute? Gedanken eines Religionslehrers, der diesen „Ruf“ und hörende Ohren auch heute wahrnimmt.
von Markus Aichelburg

Rede, Herr, denn dein:e Diener:in hört! Die biblischen Texte über die Berufung von Propheten in den Dienst Gottes können auch für uns heute noch Hinweise und Inspiration dafür sein, wie wir unser Leben neu denken können. Seit dem Studium, als ich über eine Bibelstelle eine längere und ausführliche Arbeit schreiben musste, ist die Geschichte vom Propheten Jona eine meiner liebsten. Ich erzähle und behandle sie in meinem Unterricht sowohl in der Unterstufe als auch in der Oberstufe, und viele Schüler:innen kennen sie auch schon aus der Volksschule. Dort ist vor allem der Teil mit dem großen Fisch oder Wal im Vordergrund, der Jona verschluckt und in dem er schließlich drei Tage verbringt und vertrauensvoll betet. Mein Fokus liegt dabei immer auf der Tatsache, dass Gott Jona in seinen Dienst nehmen wollte, dieser aber schlichtweg kein Interesse daran hatte und weglief. Ich erzähle den Schüler:innen dann immer sehr anschaulich, wie ich mir vorstelle, dass Jona trotzig den Bewohner:innen Ninives den Untergang ankündigt, danach zur Stadt hinausgeht und sich schmollend den Tod wünscht, weil Gott den Menschen vergibt.
Jona und seine Handlungen wirken auf mich irgendwie skurril und darin wiederum zutiefst menschlich. Ich kann mich gut hineinversetzen, seinen inneren Kampf nachvollziehen und mich dadurch mit dieser Geschichte identifizieren. Diese Erzählung überspitzt das Schema biblischer Berufungsgeschichten: Zunächst ergeht die Berufung und Beauftragung Gottes an den Propheten. Danach bringt dieser dann Einwände vor, warum er für Gottes Auftrag eigentlich ungeeignet wäre. Jesaja meint, seine Lippen seien unrein (Jes 6,5), Jeremia erwidert, dass er zu jung sei (Jer 1,6), Mose stellt seinen eigenen Rang und seine Autorität in Frage (Ex 3,11), und Jona gibt durch sein Davonlaufen eine Antwort (Jona 1,3). Schließlich entkräftet Gott diese Einwände und hält an seiner Wahl fest.
Die biblischen Texte zeigen keine perfekten Botschafter:innen. Im Gegenteil, Gott erwählt Menschen mit all ihren Ängsten, Schwächen und Zweifeln. Diese Botschaft ermutigt: Jede:r von uns ist berufen. In erster Linie sind wir auf ganz eigene und individuelle Weise berufen zum Menschsein. Die Entdeckung der eigenen Charismen und Talente, das Ausprägen einer eigenen Meinung und Haltung und die berufliche Orientierung sind wesentlicher Ausdruck dieser individuellen Berufung. Es bedeutet nicht, dass unser Leben nur einen ganz speziellen Zweck oder Sinn hat, auf den es zuläuft, und dass wir nur dadurch Erfüllung erfahren. Wir sind Gottes Werkzeuge. Er ruft uns durch unsere Eigenschaften für besondere Einsätze.
Die folgenden drei Gedanken helfen, die Stimme Gottes in unserem Alltag besser zu hören.

Hinhören und achtsam sein
Wie in den biblischen Berufungserzählungen ergeht auch an uns zunächst der Ruf Gottes. Dies geschieht auf unterschiedliche Weise, und eher selten dröhnt uns Gottes Stimme aus dem Himmel oder einem Dornbusch entgegen. Es sind Menschen, Zeichen, Gelegenheiten und Möglichkeiten, durch die Gott uns anspricht. Dafür ist es nötig, dass wir hinhören und aufmerksam und achtsam durch das Leben gehen. Mit dieser Bereitschaft gelingt es uns zu erkennen, wo Gott uns einlädt, tätig zu werden. Die Erzählung von der Berufung des Propheten Samuel liefert dazu einen Schlüsselsatz. Dort sagt Eli zu Samuel: „Wenn er dich ruft, dann antworte: Rede, Herr; denn dein Diener hört.“ (1 Sam 3,9) Berufung braucht Achtsamkeit: im Hier und Jetzt sein, ansprechbar bleiben. Das klingt banal, aber wer gedanklich immer schon einen Schritt weiter ist oder bei dem ist, was alles noch auf der To-do-Liste steht, ist nicht bereit für das, was vielleicht spontan unseren Weg kreuzt bzw. noch von Gott an uns herangetragen wird.

Annehmen und mutig sein
Nach dem Hören der Berufung braucht es unser bewusstes Annehmen. Vielleicht möchten wir auch wie Jona fliehen und halten uns für ungeeignet. Aber Gott ruft uns und traut uns etwas zu. Wir dürfen unsere (Selbst-)Zweifel und Ängste zur Seite schieben und uns mutig auf das einlassen, was Gott mit uns vorhat. Denn Gott wird gute Gründe haben, warum genau wir für diese Aufgabe ausgesucht wurden. Die Berufung Marias ist ein Beispiel dafür, dass Gottes Ruf Mut macht. Der Engel verkündet Maria, dass sie ein Kind –und nicht nur irgendeines – empfangen wird. Maria schiebt ihre Zweifel beiseite und antwortet mutig: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“
Dies zeigt eine weitere wichtige Haltung für Berufung und Christsein: die Bereitschaft zum Dienen bzw. sich in den Dienst nehmen zu lassen. Das ist keine Unterwürfigkeit, sondern ein Erkennen der eigenen Fähigkeiten und wie man diese nützlich einbringen kann. Das Leben zeigt uns, wo wir gebraucht werden, und dafür ist es wichtig, aktiv und offen am Leben anderer Menschen teilzunehmen.

Vertrauen und dankbar sein
Wenn du merkst, dass Gott dich ruft, dann darfst du auch darauf vertrauen, dass in einer Berufung keine Prüfung liegt. Gott testet nicht, ob wir uns als würdig oder gut genug erweisen. Wir sind bereits alle zum Menschsein berufen und dürfen uns als angenommen und gut sehen. Dieses Wissen erfüllt mit Dankbarkeit. So heißt es im Brief an die Kolosser: „Und der Friede Christi triumphiere in euren Herzen. Dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Seid dankbar!“ (Kol 3,15) In einer solchen Haltung der Dankbarkeit und des Vertrauens ist man bereit, jene Situationen, in denen wir eine Aufgabe erkennen, anzunehmen und sich zu freuen, dass wir uns einbringen können. Die Freude darüber ist ein gutes Indiz, dass wir unserer Berufung auf der Spur sind. Und gerade wenn diese Aufgaben schwer und übergroß wirken, ist es wichtig, sich auf diese Haltung besinnen zu können. Markus Aichelburg unterrichtet Religion an einem Gymnasium und arbeitet mit Schwerpunkt Schulpastoral für die Schulstiftung der Erzdiözese Wien.
Der Beitrag wurde zuerst veröffentlicht in: Movi 2022/2 „neu denken“ – das Magazin der Jungen Kirche Wien, S. 22-23

„Die Berufung des Menschen besteht darin, die göttliche DNA – Gottes Idee und Plan – zu erspüren, um herauszufinden, was Gott mit jedem Menschen vorhat“, sagt Referatsbischof Hansjörg Hofer. Die österreichischen Diözesen laden wie jedes Jahr zu Gottesdiensten und unterschiedlichsten Veranstaltungen ein.Termin: Sonntag | 30. April | 15.00 Uhr
Impuls: „Bittet, dann wird euch gegeben“ von Christoph Kranicki, Diözesanvertreter Canisiuswerk Kärnten, 15.45 Uhr: Eucharistische Anbetung, 16.15 Uhr: hl. Messe mit P. Thomas Neulinger SJ, Stadtpfarrkirche Klagenfurt-St. Egid, anschl. Agape und Austausch

Anregungen und Bausteine für Ihre Pfarre oder das eigene Gebet finden Sie auf der Homepage des Canisiuswerks, des österreichischen „Zentrums für Berufungspastoral“:
www.canisius.at/weltgebetstag

Autor:

Sonntag Redaktion aus Kärnten | Sonntag

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