Rudolf Likar zum Assistierten Suizid
Sterben in Würde ohne Druck

Rudolf Likar, Primarius für Palliativmedizin am Klinikum Klagenfurt und Delegierter der Ärztekammer für das Dialogforum zum assistierten Suizid im Gespräch mit dem SONNTAG:

Herr Prof. Likar, in Kürze beginnt ein Dialogforum zum Thema assistierter Suizid. Was kann man sich erwarten?
Likar: Nun ist klar, dass der assistierte Suizid straffrei gestellt werden muss. Das hat das Höchstgericht entschieden. Die Frage ist, wie weit man geht und wie letztendlich die Entscheidungen getroffen werden. Für mich ist eine zentrale Frage, wie man die Betroffenen, die sogenannten vulnerablen Gruppen, am besten schützt.

Sie sind als Delegierter der Ärztekammer dabei. Was sind Ihre konkreten Punkte?
Likar: Der assistierte Suizid darf meiner Meinung nach nicht die letzte Antwort sein. Man muss vorher alle Möglichkeiten der Palliativ- und Hospizversorgung ausbauen. Da gibt es noch viel zu tun. Die Pläne und Konzepte sind bekannt, aber die Umsetzung fehlt noch. Ich erwarte mir, dass dies zentrale Punkte beim Dialogforum sein werden.

Die Ministerin will schon vor dem Sommer einen Gesetzesentwurf vorlegen. Ist dieses Ziel realistisch?
Likar: Das ist ein sehr ambitionierter Zeitplan. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bis dahin alle offenen Punkte geklärt sind. Es handelt sich dabei um ein Thema, das in der Tiefe diskutiert werden muss, und ich erwarte mir sehr kontroversielle Diskussionen.

Als Arzt begleiten Sie viele Menschen auf ihrem letzten Weg. Was bedeutet „Sterben in Würde“ für Sie?
Likar: Das ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Eines ist aber klar: Die so oft zitierte Autonomie und Selbstbestimmung alleine ist es nicht. Der Ruf nach assistiertem Suizid ist oft ein Hilfeschrei nach sozialer Wärme. Entscheidend ist, dass sich ein Mensch mit seiner Lebensgeschichte willkommen fühlt. Viele geben am Ende ihre Autonomie auf und wollen auf dem letzten Weg geführt werden. Sie wollen, dass ihre Lebensgeschichte gemeinsam aufgearbeitet wird. Wichtig ist, dass sich Menschen willkommen, angenommen und wertgeschätzt fühlen. Das zählt mehr als alles andere.

Autor:

Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag

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