Gedanken zum Evangelium: 3. Fastensonntag
Was für ein Auftritt!
Selbstverständlich tauchen mir, wenn vom Tempel und von den Händlern die Rede ist, die Bilder aus meiner Zeit in Jerusalem auf. Den Tempel in der damaligen Form und die Händler dort gibt es nicht mehr, aber das „Gewusel“ und die lautstarke Geschäftigkeit in den engen Gassen der Altstadt sind mir unvergesslich. Vielleicht könnte es ja damals ziemlich ähnlich gewesen sein.
Was ist das für ein aufgeregter Jesus, der uns heute im Evangelium entgegenkommt? Zuerst beschimpft er bei seinem furiosen Tempelauftritt lautstark die Händler, stößt die Tische um, hinterlässt ein Chaos und treibt die Händler schließlich handgreiflich aus dem Tempel hinaus, mit dem Hinweis, dass das doch das Haus seines Vaters sei. Danach debattiert er und redet gar vom Niederreißen und Wiederaufbauen des Tempels, und zwar in sensationell kurzer Zeit von nur drei Tagen. Und nach dem großen – vermutlich für alle Beteiligten – irritierenden Auftritt zieht er sich schließlich zurück: „Er vertraute sich ihnen nicht an.“
Um selber ein wenig besser zu verstehen, versuche ich es mit dem Kontext: Im Johannesevangelium hatte Jesus zuvor bei der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelt und dabei etwas von seiner Herrlichkeit gezeigt. Danach folgt im Evangelium das nächtliche Gespräch mit dem Ratsherren Nikodemus, mit dieser wunderbaren Vertrautheit, dieses Gespräch, in dem sie einander viel anvertrauen.
Wieder zurück zu diesem Text jetzt und zu dem Kontrast, der sich im Vergleich zum Vorangegangenen zeigt: Ich entdecke (neu), wie erschreckend und aufgeregt, wie aufrüttelnd und konfrontierend Jesus sein kann. Und wie verletzt und gekränkt, wenn Dummheit oder Verrohung, Unglaube oder Selbstgerechtigkeit den Weg zu Gott verstellen.
Ich stelle mir vor, dass die Jünger nicht gleich begriffen haben, was Jesus mit diesem Auftritt vorhatte. Erst später erinnern sie sich und scheinen sie zu verstehen: „Als er auferstanden war, erinnerten sie sich ...“
Auch ich verstehe Gottes Wege und „Strategien“ keineswegs immer. Aber ich möchte bereit sein – wenn es sein muss, mich aufrütteln zu lassen, durch Menschen, durch das Leben, durch Gott. Daran glaubend, dass Jesus auch meinen Weg zum größeren Leben will.
Impuls
inspiriert vom Evangelium
- Welches Bild habe ich von Jesus? ?
- Wer und wie ist „mein“ Jesus?
- Welche verschiedenen Seiten hat er?
- Was sind meine „heiligen Räume“, mit denen ich sorgsam umgehe, die ich keineswegs sorglos behandelt wissen will?
Gottes Handeln und Gottes Wirken in meinem Leben.
- Was kann ich gut verstehen und annehmen?
- Was nicht oder erst viel später?
Autor:Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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