Gedanken zum Evangelium: 19. Sonntag im Jahreskreis
Versuch es wenigstens
Von Jesu Gang auf dem See sprechen auch Markus oder Johannes. Die Episode mit Petrus kommt nur im Matthäusevangelium vor. Mir gefällt die Erzählung aber gerade wegen Petrus. Petrus ist für mich ein Vorbild-Ersatz. Nicht so unerreichbar wie das Vorbild Jesus. Und doch besonders. Er ist nicht perfekt,
aber bemüht sich. Er ist nicht vollkommen, aber versucht es wenigstens.
Ich bin kein besonders mutiger Mensch. Waghalsige Dinge wie Bungee Jumping, Klettergärten etc. muss ich nicht unbedingt (eigentlich gar nicht) haben. Aber als Kind, wenn ich hinter meinem Vater Schi gefahren bin, war ich sehr mutig. Solange er vor mir war, bin ich schnell und sicher über Eisplatten, Buckelpisten und andere Hürden gefahren. Kaum aber war er außer meinem Blickfeld, begann ich zu bremsen und mich zu fürchten. Die Piste wurde nicht schwieriger, aber meine Angst größer.
So geht es offenbar auch Petrus. Solange er auf Jesus blickt, merkt er gar nicht, dass er keinen festen Boden unter den Füßen hat. Erst als er sich umsieht und nicht mehr auf Jesus, sondern auf den Wind achtet, bekommt er es mit der Angst zu tun und verliert seinen Halt. Vertrauen ist eben schwer.
Was mich an Petrus aber beeindruckt: Er versucht es wenigstens. Die anderen Jünger tun nichts dergleichen. Sie lassen Petrus den Vortritt, sie wagen nichts und brauchen deshalb auch nicht zu scheitern. Petrus dagegen möchte Ernst machen mit der Nachfolge. Er möchte Musterschüler sein. Immer wieder. Er ist manchmal ein bisschen angeberisch, er verspricht Dinge, die er dann nicht halten kann, zum Beispiel, dass er Jesus nie verlassen wird.
Aber auch wenn er scheitert: Er rafft sich wieder auf und versucht es das nächste Mal wieder. Das erinnert mich an einen Satz, der mir als Teenager ein- und zugefallen ist: „Mutig ist nicht, wer keine Angst kennt. Mutig ist, wer die Angst kennt und sie überwindet.“
Insofern ist Petrus mutig. Er überwindet regelmäßig seine Angst und begibt sich in Gefahren. Und er ist klug. Er weiß genau, wohin er sich (im wahrsten Sinn des Wortes) im „Zweifelsfall“ wenden muss. Er wird nicht einfach panisch, sondern schreit zu dem, der ihm wirklich helfen kann: zu Jesus.
Es beruhigt mich fast, dass Jesus sich nicht mit perfekten, über jeden Zweifel erhabenen Menschen umgeben hat, sondern mit Leuten wie Petrus, die Angst haben und auch immer wieder „kleingläubig“ sind. Es fällt mir leichter, mich mit solchen Menschen zu identifizieren als mit den „Vollkommenen“. Wenn der „kleingläubige“ Petrus es immer wieder neu versuchen kann, dann kann ich „Kleingläubige“ es vielleicht auch.
Impuls
Inspiriert vom Evangelium
- Was gibt mir Mut nach einem Scheitern wieder aufzustehen und es neu zu versuchen?
- An wen wende ich mich, wenn ich allein nicht mehr weiter weiß?
- Bei welcher Gelegenheit gelingt es mir, nicht kleingläubig sonder mutig zu sein?
Autor:Elisabeth Birnbaum aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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