Gedanken zum Evangelium: 30. Sonntag im Jahreskreis
Syn-odos. Gemeinsam auf dem Weg
Ich glaube Papst Franziskus ist davon überzeugt, dass Synodalität etwas zutiefst jesusgemäßes ist. Der synodale Prozess könnte dann ganz im Sinne Jesu überraschende Begegnungen, Momente großer Lebendigkeit eröffnen und eine Chance für neue Inspirationen sein.
Gerade habe ich am Text für den synodalen Prozess in der Erzdiözese Wien gearbeitet. Jetzt lese ich das Evangelium von der Heilung des blinden Bartimäus und habe den Eindruck, dass sich dabei einiges für diesen synodalen Prozess entdecken lässt.
Papst Franziskus lädt die Kirche zu diesem Prozess ein, weil er davon überzeugt ist, dass uns das helfen kann, mehr mit Jesus auf dem Weg zu sein, uns von ihm inspirieren zu lassen, von ihm zu lernen, seine Gegenwart aber auch schon in unserem Kirche-Sein und der Welt von heute zu entdecken.
Diese Heilungsgeschichte ist eine Weggeschichte. Jesus geht nach Jerusalem, er kommt durch Jericho, er bleibt auf seinem Weg stehen, weil er inmitten der vielen Menschen den Bartimäus in seiner Not wahrnimmt. Er ruft den Bartimäus zu sich und fragt ihn nach seinem Anliegen.
Für Jesus stehen nicht auf der einen Seite die frommen Jünger – die werden hier nur nebenbei erwähnt – und auf der anderen Seite die böse Welt. Vielmehr gerät dieser blinde Mann, der aufs Betteln angewiesen ist voll und ganz in die Aufmerksamkeit Jesu. Er wendet sich ganz dem konkreten Menschen, seiner Not und seiner Sehnsucht zu. Er klagt nicht über die böse Welt, sorgt sich nicht um den Fortbestand seiner Jüngergemeinde sondern fragt danach, was er Bartimäus jetzt tun soll. Das wird eine Begegnung auf Augenhöhe, die den Bartimäus nicht nur mit seinen Augen sehend macht, sondern die ihn innerlich so sehr berührt, dass er zum Weggefährten Jesu wird – und sie ziehen gemeinsam weiter – syn-odos, gemeinsam auf dem Weg.
Vielleicht sind unsere Pfarren, diözesanen Dienststellen, die anderen kirchlichen Orte oft ausgiebig damit beschäftigt den Weg zu planen, sodass für den Bartimäus keine Zeit mehr bleibt. Ich frage mich, welche Planung es braucht, dass auch bei mir Bartimäus eine Chance hat?
Gar nicht so selten habe ich den Eindruck, dass es auch darum geht, einfach weniger zu tun – oder umkehrt für mich zu klären, wofür ich auf jeden Fall Zeit haben möchte, was in aller Fülle auf jeden Fall Priorität hat. Das eröffnet mir Räume, um kreativ zu werden, Phasen der Erholung und Zeiten, um die Augen und Ohren aufzumachen, den Bartimäus wahrzunehmen und zu entdecken, dass das nicht zwangsläufig noch eine zusätzliche Verpflichtung ist, sondern mitunter eine inspirierende Begegnung, die mich selber lebendig macht und bereichert und mich mitunter ganz überraschend auch Jesus entdecken lässt.
Evangeliumskommentar als PDFAutor:Markus Beranek aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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