Gedanken zum Evangelium: 2. Sonntag im Jahreskreis
Seht, wo ich wohne
Während meiner Tätigkeit in Ghana bin ich lange Strecken mit dem Geländewagen gefahren. Die Landstraßen waren oft im schlechten Zustand und es gab keine Hinweisschilder. Wenn ich angehalten habe, um die Dorfbewohner zu fragen, wie weit es noch bis zum Zielort ist, dann haben sie meistens geantwortet: „Es ist nicht mehr weit.“ Nach einer Stunde Fahrt dieselbe Antwort: „Es ist nicht mehr weit“. Die Auskünfte der Dorfbewohner habe ich mehr als einen Zuspruch als eine Zeitangabe empfunden.
Sich im Leben auf den Weg zu machen, ohne das Ziel genau zu kennen, ist immer ein Wagnis. Es ist aber auch eine Chance, Gewohntes in Frage zu stellen, Veränderungen in mir zuzulassen, meine persönlichen Verbindlichkeiten und Freiheiten neu kennenzulernen.
Dabei ist es auch wichtig, einige Stationen zu machen, innezuhalten und sich auch zu fragen, bin ich bereit, die Einladung von Jesus „kommt und seht“ anzunehmen. Das heißt, sich nicht nur die Sache anzusehen, sondern auch Jesus zu begegnen und bei Ihm zu verweilen.
Die beiden Jünger im heutigen Evangelium erfahren Johannes den Täufer als Zeugen, als er auf Jesus hinweist und sie selber werden zu Zeugen, in dem sie die Einladung Jesu annehmen und seine Einladung weitertragen und verkünden: „Wir haben den Messias gefunden.“
Hier entsteht eine Dynamik, es wird ein Stein ins Rollen gebracht, man hat Ihn, der alles verändern wird und auf den man schon so lange gewartet hat, gefunden. Beim Evangelisten Johannes spürt man, wie die Jünger sich gegenseitig auf Jesus aufmerksam machen. Johannes der Täufer weist Andreas und den anderen Jünger auf Jesus hin und Andreas sagt es seinem Bruder Simon, der später Petrus genannt wird, weiter.
Es ist auch unsere Aufgabe heute auf Jesus aufmerksam machen, von Ihm zu erzählen und die Einladung auszusprechen: „Kommt und seht“. Berufungen entstehen dort, wo man den Glauben vorlebt, aber auch, wenn man von Jesus erzählt und die Menschen zum Zuhören einladet.
Es ist gut sich einmal selbst zu fragen: „Wann habe ich das erste Mal von Jesus gehört und wer waren die Personen, die mir von Jesus erzählt haben? Wie habe ich meinen persönlichen Zugang zum Glauben gefunden und was hat mir dabei geholfen?“ – Vielleicht sollte man aus aktuellem Anlass der Flüchtlingskrise auch die Frage der zwei Jünger an Jesus: „Wo wohnst du?“ etwas anders formulieren: „Zeige uns, wo du heute deine Wohnung nimmst.“
Impulse
Inspiriert vom Evangelium
- Die Einladung „Kommt und seht!“ ist an alle gerichtet.
- Bin ich bereit, die Einladung anzunehmen und den Weg mit Jesus zu gehen?
- Was ist, wenn einer uns fragt, ob wir noch einen Platz für ihn in unserer Wohnung haben, was wäre unsere Antwort?
- Habe ich schon darüber nachgedacht, wie ich meine Gaben und Fähigkeiten in meiner persönlichen Nachfolge Jesu einsetzen kann?
Autor:Günter Mayer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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