Gedanken zum Evangelium: 2. Adventsonntag
Schluchten füllen und Hügel abtragen
Die Vision, die den Papst für den synodalen Prozess inspiriert, kann auch ein adventliches Programm sein. Beim Kaffee, am Telefon oder irgendwo sonst.
Parallel zueinander hat Lukas gerade die Ankündigung der Geburt und dann auch die Geburt selbst von Johannes dem Täufer und von Jesus geschildert. Jetzt benennt er die politischen Verhältnisse, um dann davon zu reden, dass an diesen Johannes das Wort Gottes ergeht. Es kommt mir vor wie ein großes Panorama, wo die Kamera ins Detail zoomt, um eine Person sichtbar zu machen. Johannes der Täufer hört das Wort Gottes, den Anruf Gottes genau im Kontext seiner Zeit, als Kind seiner Zeit, unter den politisch-gesellschaftlichen Gegebenheiten seiner Zeit.
Das ist damals wie heute eine ähnliche Situation für gläubige Menschen. Gerade im Advent tut mir das immer gut, dass ich mir das bewusst mache. Es geht nicht um eine bestimmte Adventstimmung, sondern um die Einladung, mich dort, wo ich mit meinem Leben jetzt gerade stehe, auf den Anruf Gottes einzustimmen.
In seiner Predigt greift Johannes das Bild aus dem Jesajabuch auf, wo vom Bau einer gewaltigen Königsstraße durch die Wüste geträumt wird, auf der die ins Exil Verschleppten in die Heimat zurückziehen werden. So ein Straßenbau macht auch heute gewaltige Erdbewegungen notwendig, um dann eine gute Trassenführung zu ermöglichen.
Ich meine, dieses Wort aus Jesaja, diese Predigt des Täufers wird auch in der Vision von Papst Franziskus, die er mit dem synodalen Weg zum Ausdruck bringt, deutlich: der Mut zum offenen Wort und die Bereitschaft zum achtsamen Zuhören. Wo diese Vision Menschen in ihrer Haltung prägt, kann das maßgeblich dazu beitragen, im Zusammenleben weit über die Kirche hinaus Hindernisse abzubauen, Schluchten aufzufüllen, die gesellschaftlichen Blasen, wo sich vorwiegend Menschen, die ähnlich ticken, in ihrer Denkweise bestätigen, zu erweitern und von anderen Denkwelten, Arten der Lebensgestaltung zu lernen – beim Kaffee zwischendurch am Arbeitsplatz, beim Treffen mit den Enkelkindern, den Nachbarn am selben Stock.
Die anderen in ihrer Andersartigkeit können Angst machen – oder vielleicht können wir ihnen da und dort in dieser veränderten Haltung begegnen und „das Heil Gottes schauen“. Denn dieser Gott kommt uns entgegen inmitten dieser ganz konkreten Welt.
Evangeliumskommentar als PDFAutor:Markus Beranek aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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