Gedanken zum Evangelium: Ostersonntag
Ostern darf dauern
„Stell dir vor, es ist Ostern, und niemand geht hin.“ Bis vor Kurzem war das unvorstellbar, aber heuer ist Ostern für die meisten ganz anders als gewohnt – ohne feierliche Liturgie in den Pfarren und begleitet von großen Sorgen und Ängsten, Verlust und Tod angesichts der Covid 19-Pandemie. Und trotzdem: Es ist Ostern! In diese Wirklichkeit dürfen wir eintreten, auch wenn uns vielleicht (noch) nicht nach „Halleluja“ zumute ist. Die Kirche gibt uns auf jeden Fall bis Pfingsten Zeit, unseren Weg dorthin zu finden.
Es ist bemerkenswert, dass die erste Erfahrung, von der uns im Osterevangelium berichtet wird, die der Leere ist. Maria von Magdala kommt zum Grab, um dort Trost zu finden, und sie sieht, dass der Grabstein weggenommen ist. Der Leichnam ist weg, das Letzte von dem Menschen, mit dem sie eine so große Vertrautheit verbunden hat, ist nicht mehr. Auch Petrus und Johannes (traditionellerweise identifiziert mit dem Jünger, „den Jesus liebte“) finden das Grab leer.
Dieser Leere, dieser Abwesenheit Jesu wird also Raum gegeben im Evangelium. Diesen Raum dürfen auch wir uns nehmen für unsere Erfahrungen der Leere. Das hat auch zu Ostern Platz!
Auch wenn alle drei Persönlichkeiten dasselbe leere Grab vorfinden, so zeigen sich doch auch Unterschiede: Petrus und Johannes kommen nach Maria von Magdala zum Grab. Johannes war Jesus immer besonders nahe, und die Beziehung scheint eine besonders innige gewesen zu sein. Er ist auch vor Petrus am Grab, also schneller, vielleicht impulsiver, emotionaler als dieser. Von Johannes wird in Vers 8 gesagt, dass „er sah und glaubte“. Er glaubte wohl in einem umfassend existenziellen Sinn. Oder es war ein intuitiver Akt des Vertrauens in Jesus Christus, seine Heilsbotschaft, die über den Tod hinausgeht.
Petrus hat eine bewegte Geschichte mit Jesus. Er ist der Anführer, jemand, der zupackt und eher pragmatisch als intellektuell ist. Petrus, obwohl der langsamere, geht vor Johannes in das Grab. Und danach? „Dann kehrten die Jünger wieder nach Hause zurück.“ Petrus geht zurück und fischt wieder, aber Jesus wird auch ihm nachgehen und ihn erkennen lassen, dass er lebt.
Maria von Magdala scheint Jesus am meisten von allen zu lieben. Das ist zumindest die Erklärung vieler Kirchenväter und auch des hl. Thomas von Aquin, warum sie die Erste ist, der Jesus erschienen ist. Jesus spricht Maria mit ihrem Namen an und drückt damit aus: Ich kenne dich. Maria weiß sich angesprochen und erkennt ihrerseits Jesus.
Das Evangelium zeigt uns also unterschiedliche Arten, wie der auferstandene Herr in das Leben der Einzelnen eintritt. Maria von Magdala und die Apostel verstehen nicht alles gleich.
Aber Jesus geht auch als Auferstandener den Menschen nach, auch uns, gerade in dieser schwierigen Zeit.
Autor:Markus Muth aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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