Gedanken zum Evangelium: 28. Sonntag im Jahreskreis
Gott sucht sehnsüchtige Menschen
In holzschnittartigen Kontrasten erzählt Jesus von einer Hochzeitsgesellschaft. Er redet von der Kirche, er redet vom Leben, er macht Mut, das prickelnde Leben aufzuspüren.
Die Geschichte, die Jesus hier erzählt, ist völlig absurd. Gerade zur Zeit Jesu war eine Hochzeit der Inbegriff der Lebensfreude. Da konnte man nach Herzenslust essen und trinken und die tägliche Sorge ums Überleben vergessen.
Wenn Jesus diese Geschichte erzählt, dann schwingt darin sein Schmerz mit, dass Menschen die Einladung Gottes zum großen Fest des Lebens ausschlagen – weil sie aus unterschiedlichen Gründen zu sehr beschäftigt sind. Dass sie die Boten, die die Einladung überbringen, töten, spielt wohl auf sein eigenes Schicksal an.
Um sein Anliegen deutlich zu machen bringt Jesus oft drastische Bilder: hier vom König, der an den gewalttätigen Eingeladenen Rache übt. Umso überraschender dann die anschließende Wende. Anstatt der ursprünglichen Gäste werden nun Leute zusammengeholt, mit denen diese sonst wohl gar nichts zu tun haben wollten: Menschen von der Straße, Arme, Gescheiterte, Obdachlose.
Allzu oft hat Jesus erlebt, dass gerade die Kleinen, Verwundeten und an den Rand Gedrängten bei seiner Botschaft die Ohren gespitzt und das Herz geöffnet haben.
Wenn ich das Evangelium im Blick auf mein eigenes Leben lese, entdecke ich beide Gruppen in mir. Manchmal bin ich zu beschäftigt, um der Einladung zum Fest des Lebens zu folgen: Viele Gedanken schwirren durch den Kopf, ich fühle mich gestresst und tröste mich, dass das alles ja doch so wichtig wäre und finde gleichzeitig kaum Zeit zum Innehalten für ein paar Worte in einer persönlichen Begegnung oder ein paar Momente, um die Sonnenstrahlen zu genießen.
Andererseits fühle ich mich manchmal aufgerieben, überfordert, müde und kann mich mit diesem Gefühl des Verwundetseins in Gottes Hände fallen lassen und stelle erstaunt fest, wie die Schwere abfällt und ich auf einmal das Fest des Lebens verkosten kann.
Die Sehnsucht wird zur Einladung, selbst in den Hochzeitsaal zu gehen und zu entdecken, dass ich dort willkommen bin. Ich träume von einer Kirche, von konkreten Gemeinden, wo Menschen mit ihrer Sehnsucht nach Leben willkommen sind. Wo sie nicht zuerst beurteilt, moralisch bewertet und für würdig oder unwürdig empfunden werden, sondern wo die Türen des Hochzeitssaales weit offenstehen.
Mir scheint, dass das schwierige Bild vom Mann ohne Hochzeitsgewand eine wichtige Konkretisierung ist. Solche Festgewänder bekamen die Gäste mit der Einladung überreicht. Dieser Mann steht für mich auf gut wienerisch für die „Wurschtigkeit“, also genau die Haltung, die auch die zuerst eingeladenen Gäste charakterisiert.
Kirche nach der Vorstellung Jesu ist aber nicht ein Ort der Wurschtigkeit, sondern der Sehnsucht, ein Ort, wo Menschen vom Leben angezogen und selbst lebendig werden können.
ch träume von einer Kirche, von konkreten Gemeinden, wo Menschen mit ihrer Sehnsucht nach Leben willkommen sind. Wo sie nicht zuerst beurteilt, moralisch bewertet und für würdig oder unwürdig empfunden werden, sondern wo die Türen des Hochzeitssaales weit offenstehen.
Impuls
Inspiriert vom Evangelium
- In welcher Gruppe der Hochzeitsgäste finde ich mich momentan eher wieder?
- Wen würde ich persönlich gerne in den Hochzeitsaal einladen?
- Wo entdecke ich, dass mein Glaube mich innerlich lebendig macht?
Autor:Markus Beranek aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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