Gedanken zum Evangelium: Palmsonntag
Glaube kann ziemlich mühsam sein
Das Markusevangelium erzählt keine rühmliche Geschichte der ersten Jünger. Ganz im Gegenteil. Sie tun sich mit Jesus unendlich schwer. Hier wird eine sehr armselige Gestalt von Kirche sichtbar. Und dennoch ist durch alle Schwerfälligkeit hindurch der Glaube an den lebendigen Jesus weitergetragen worden.
Die Liturgie des Palmsonntags hat zwei unterschiedliche Schwerpunkte. Im Evangelium vom Einzug in Jerusalem sind auch wir eingeladen uns dem Jubel und der Freude über Jesus anzuschließen.
Im anschließenden Wortgottesdienst hören wir mit der Leidensgeschichte schon einen Ausblick auf die bevorstehende Karwoche.
Das Markusevangelium erzählt uns von einer zunehmenden Entfremdung zwischen Jesus und seinen Jüngern. Sie tun sich schwer mit ihm. Immer größer wird die Distanz und schließlich, bei der Verhaftung am Ölberg, ergreifen alle die Flucht und Jesus bleibt alleine zurück. In der Nähe des Kreuzes werden eine ganze Reihe der Frauen sein, aber keiner der Zwölf.
Das Markusevangelium ist besonders an Menschen gerichtet, die selbst keinen jüdischen Hintergrund haben, die also nicht schon von vornherein dazugehören. So ist es ein besonderer Akzent, wenn nach dem Tod Jesu ausgerechnet der römische Hauptmann die entscheidenden Worte sagt: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.“
Für mich hat diese Spannung zwischen Jesus und seinen Jüngern etwas sehr Tröstliches: anscheinend war es von Anfang an nicht leicht zu glauben und anscheinend haben sich die, die Jesus eigentlich am nächsten gestanden sind, mit dem Glauben an Jesus sogar besonders schwer getan. Ich denke, der Autor des Markusevangeliums hat da auch die Unsicherheit und die Zweifel seiner Gemeinde, für die er das Evangelium niederschreibt, im Blick und er macht ihnen zugleich deutlich, dass über alle Schwierigkeiten hinweg die Botschaft Jesu sie dennoch weiterträgt.
Mich inspiriert die Leidensgeschichte, mit den dort genannten Personen in Beziehung zu kommen, mich von ihrem Blick auf Jesus leiten zu lassen. Da sind die, die Jesus am Ölberg verlassen; da ist Petrus, der Jesus aus der Ferne folgt, sich aber bald deutlich distanziert, da sind die Frauen, die sich nicht abhalten lassen mitzugehen und einfach da zu sein, da ist der römische Hauptmann, der sich ganz unerwartet inmitten dieser Hinrichtungsszene menschlich berühren lässt. Da ist Jesus mit dem verzweifelten Schrei „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Ich lese die Leidensgeschichte als einen Text, der mich ermutigt, auch meine Schwierigkeiten mit meinem Glauben mit Jesus ins Gespräch zu bringen. Glaube ist keine Leistungsschau, sondern Glaube heißt für mich, in jeder Lebenssituation, in jeder Herausforderung sich wieder auf Jesus hin auszurichten, die eigenen Widerstände wahrzunehmen und sie überwinden zu lassen und dabei zu entdecken, dass er nicht müde wird, mich zu rufen.
Impulse
Inspiriert vom Evangelium
- Welche Person der Passionsgeschichte spricht mich besonders an?
- Wo finde ich mich mit meiner derzeitigen Lebenssituation wieder?
- Kommen Sie mit dieser Person in Dialog, versuchen Sie ihr, einen Brief zu schreiben, um diese Perspektive noch einmal mehr zu entdecken.
- Und dann schauen Sie auf Jesus: aus der Rolle dieser Person und aus dem, was das mit Ihrem eigenen Leben zu tun hat. Was möchten Sie Jesus sagen, worum wollen Sie ihn bitten?
Autor:Markus Beranek aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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