Gedanken zum Evangelium: 16. Sonntag im Jahreskreis
Fehler sind menschlich
Matthäus 13, 24–43
Inmitten aller Widerstände und Hindernisse sieht Jesus die Ressourcen: das Reich Gottes wächst. Wir können uns diese Haltung für uns selber und für unsere Gemeinden aneignen und daraus eine reflektierte, fehlerfreundliche Kultur entwickeln.
Wenn ich am Sonntagvormittag zum Gottesdienst im Weinviertel unterwegs bin, genieße ich in den Wochen vor der Ernte den Anblick der goldgelben Felder. Die Menschen zur Zeit Jesu haben das etwas anders erlebt. Die Felder waren wesentlich kleiner und sie waren viel stärker von anderen Gewächsen durchsetzt, so dass ein Teil der Erntearbeit darin bestand, das Getreide von den anderen Pflanzen (vom „Unkraut“) zu trennen.
Heute haben wir nicht nur in der Landwirtschaft sondern in vielen Lebensbereichen hohe Qualitätsstandards, Gott sei Dank. Überall dort, wo wir es jedoch mit Menschen zu tun haben, kann uns das zu einer schwarz-weiß Malerei verführen. Im Blick auf mich selber und im Blick auf die meisten Menschen, die ich kenne, kommt mir das Leben jedoch vielschichtiger vor. Denn die meisten haben ihre Stärken und zugleich auch ihre Schattenseiten. In der Kirche und in ihren vielfältigen Lebensformen ist es ähnlich. Hier scheint mir das Gleichnis Jesu sehr hilfreich zu sein.
Jesus geht davon aus, dass inmitten allen Unkrauts die Saat wächst und Frucht bringt. Er kennt ein Bemühen um das Gute, dass nicht vom Heiligen Geist, sondern von Ungeduld getrieben wird. Im Bild des Gleichnisses hätte diese Ungeduld zur Folge, dass zwar das Unkraut vernichtet ist, gleichzeitig aber auch das gesamt Getreide ausgerissen wird.
Was es also braucht ist die Fähigkeit, zu unterscheiden. Wenn Menschen rücksichtlos ihre Interessen ausleben, dann braucht es eine ganz klare Intervention. Aber oft gibt es viel Engagement und gleichzeitig geschehen Fehler, die für große Aufregung sorgen: die Jugendgruppe, die die Teller und Gläser nicht wie vereinbart abgewaschen hat, die Predigt, die zu lange geraten ist etc. Hier ist es wichtig, Fehler ansprechen zu können, konkrete Vereinbarungen zu treffen und klare Grenzen zu ziehen, wo ein Verhalten nicht akzeptabel ist.
Die stimmige Dynamik zu sehen, wo die Saat wächst, auch wenn viel Unkraut darunter ist. Das könnte uns in unserem persönlichen Leben und als Kirche helfen, eine im guten Sinn fehlerfreundliche Kultur zu entwickeln. Dort wird nicht weggeschaut und nicht Realität verleugnet. Aber dort ist auch keine Angst da, dass etwas schief geht. Auch gut geplante pastorale Initiativen können mitunter scheitern.
Auswerten kann gemeinsames Lernen ermöglichen und die großherzige Haltung Jesu, dass trotz allen Unkrauts das Reich Gottes wächst und sich entfaltet, kann uns bestärken, trotz allen Unkrautes mutig und leidenschaftlich zu leben und zu handeln.
Evangeliumskommentar als PDFAutor:Markus Beranek aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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