Gedanken zum Evangelium: 10. Sonntag im Jahreskreis
Er ist von Sinnen
Als christlich sozialisierter Mensch fragt man sich manchmal, warum Jesus nicht von allen Menschen verstanden worden ist. Dabei haben sie ihn live gehört und gesehen, sie haben Fragen stellen können, und er hat Antworten gegeben. Doch besonders die, die ihm nahegestanden sind – verwandtschaftlich oder als theologische Insider, haben sich mit ihm schwergetan.
Das Evangelium erzählt: Wieder einmal versammelt sich eine große Menschenmenge um Jesus, der den Weg zum Vater geht. Es ist ein Leidensweg, der für seine Umgebung (noch) unverständlich ist. So bahnt sich ein Konflikt an zwei Fronten an, einerseits mit den Verwandten, die meinen: „Er ist von Sinnen“, andererseits mit den Schriftgelehrten, die schon seit langem nicht gut auf ihn zu sprechen sind. Diese nützen die Gelegenheit, den Konflikt hochzuschaukeln, indem sie erklären: „Er ist von Beelzebul besessen; mit Hilfe des Anführers der Dämonen treibt er die Dämonen aus.“
Vorwurf an Jesus: Er verbünde sich mit dem Teufel, dem Durcheinanderwerfer, der Unordnung bringt, sich nicht an Gesetze hält, was Jesus ja nach Ansicht der Pharisäer tut, wenn er beispielsweise am Sabbat Menschen heilt, sich mit Sündern an einen Tisch setzt, usw. Mit solchen Aktionen sammelt Jesus Minuspunkte.
Trotzdem versucht er, Missverständnisse zu beseitigen durch Beobachtungen aus dem Alltagsleben: Wenn ein Ziel erreicht werden soll, braucht es Einigkeit im Guten, auch im Bösen. Uneinigkeit ist der Ursprung von Kränkung, Hass, Neid, Missgunst bis hin zu Gewalt. Es können Fehler aller Art passieren, „Lästerungen“ genannt.
Die Grenze ist aber dort überschritten, wo die Schriftgelehrten Jesus einen „unreinen Geist“ vorwerfen. Anders gesagt: Dort, wo sich Menschen gegenüber dem Heiligen Geist versperren, wo sie sich ihm in den Weg stellen, etwa durch Unbarmherzigkeit, wo sie sich von der Liebe Gottes endgültig absondern – „Sünde“ hängt mit „absondern“ zusammen, dort kann es keine Verzeihung geben.
Zurück zu „Jesus verstehen“: Wenn wir ihn mehr uns mehr verstehen und ihm ernsthaft folgen, dann kann es schon sein, dass jemand zu uns sagt: „Du bist von Sinnen.“ Nehmen wir’s als Kompliment!
Evangelium und Kommentar als PDFAutor:Markus Muth aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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