Gedanken zum Evangelium: 26. Sonntag im Jahreskreis
Anspruch erheben

 In solchen Tonkrügen wurde einst den Gästen Wasser angeboten.  | Foto: iStock-Serg_Velusceac
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Jeder Mensch kann je nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten Gutes bewirken und gegen das Böse auftreten. Um das zu erreichen, muss man manchmal auch eine konsequentere Haltung einnehmen, die aber nicht in Fanatismus enden sollte, denn es besteht dabei die Gefahr, selbst vom Bösen vereinnahmt zu werden, oder wie es im Volksmund heißt: „Er wurde mit seinen eigenen Waffen geschlagen.“

Im heutigen Evangelium stellt Jesus die Tätigkeit seiner Jünger in Frage und es scheint, dass es schon früher einige Missverständnisse gab. Zum einen fragten die Jünger, warum sie nicht den Dämon austreiben konnten (Markus 9,28) und sie diskutierten darüber, wer der Größte unter ihnen sei (Markus 9,34). Zum anderen kam bei ihnen der Gedanke auf, dass sie das alleinige Recht hätten, Dämonen auszutreiben. Eine Aufgabe, die ihrer Meinung nach nur Amtsinhabern zustand oder zumindest eine Mitgliedschaft erforderte.

Jesus reagierte gelassen auf den Bericht von Johannes, ja er zeigte sich sogar großzügig und hinderte niemand daran, in seinem Namen Gutes zu vollbringen. Selbst die kleinste Freundlichkeit in Jesu Namen sollte belohnt werden. Das hinderte Jesus jedoch nicht daran, auch harte Worte zu finden, wenn jemand versuchte, einen Menschen vom Glauben abzubringen oder ihm etwas Böses antat. Diesem Ärgernis, von dem Jesus sprach, heute würden wir sagen ein Riesen­skandal, entgegnete er in einer sehr bildhaften und gewaltsamen Sprache.

Auch wenn es nicht darum geht, die Hände und Füße abzuhauen oder die Augen auszureißen, verliert diese Symbolsprache nicht an Bedeutung, im Gegenteil, sie soll uns aufrütteln. Sie will zum Ausdruck bringen, dass wir aufeinander Rücksicht nehmen und persönlich an uns arbeiten sollten, um unsere Hände, Füße und Augen für das Gute einzusetzen. Es wird ein hoher Anspruch an uns gestellt, aber es ist nicht unmöglich. Denn immer dort, wo uns ein solcher Schritt glückt, kann Leben in seiner ganzen Fülle gelingen, so wie Jesus verheißen hat, dass das Reich Gottes schon mitten unter uns ist.

Die von Jesus erwählten Jünger waren keine Helden, keine Anführer, keine Gelehrten. Vielleicht verwendete Jesus deshalb so drastische Worte, um ihnen verständlich zu machen, worum es wirklich ging. Er erwählte die Kleinen und die Geringsten, weil er ihnen zutraute, seine Botschaft zu verkünden. Wie damals den Jüngern, traut Jesus es uns heute zu, so unterschiedlich wir Menschen auch sind, das Reich Gottes sichtbar zu machen.

Autor:

Günter Mayer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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