Gedanken zum Evangelium: 12. Sonntag im Jahreskreis
Angst?
Wen soll ich fürchten, was muss ich fürchten?
Matthäus 10, 26–33
Die meisten von uns kennen den Ausspruch: „Die Spatzen pfeifen es schon längst von den Dächern.“ Wer fürchtet sich nicht davor, wenn sich eine unangenehme Situation nicht mehr vor der Öffentlichkeit verbergen lässt? Die Leute fangen an zu reden, zeigen mit den Fingern auf einen und beginnen, einem aus dem Weg zu gehen. Was tun, wenn die Gerüchteküche schon brodelt, welchen Weg soll man wählen – schweigen, die Sache leugnen oder sich dazu bekennen und die Wahrheit sagen?
So manche engagierte Christen, die in einem kirchenfeindlichen Umfeld leben oder arbeiten, haben schon einmal damit Erfahrungen gemacht, wie man hinter vorgehaltener Hand über sie spricht und über ihre Mitarbeit in der Pfarrgemeinde spottet. Da braucht es schon so manchen Mut, sich als aktive Christen zu bekennen.
Das heutige Evangelium fordert zu einem furchtlosen Bekenntnis auf, und es wird sogar dreimal erwähnt „Fürchtet euch nicht“. Jesus weiß, was auf die Apostel zukommt, nachdem er sie ausgesandt hat. Sich fürchten und davonlaufen ist für Jesus keine Option, im Gegenteil – Standhaftigkeit und Mut zeigen heißt seine Devise.
Zu mir hat einmal jemand gesagt: „Ich habe in meinem Leben schon so viele Dinge getan und so vieles erlebt – was kann mir da noch passieren, dass ich davor Angst haben müsste?“ Ich glaube, Jesus will uns auf seine Weise die Angst nehmen, indem er uns seinen Zuspruch, seinen Rat gibt. „Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet am hellen Tag, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet von den Dächern.“
Genau das ist der Punkt, die Botschaft Jesu nicht wie die Spatzen von den Dächern pfeifen, sondern verkünden, dass sie alle hören können.
Natürlich, eine gewisse Furcht besteht immer im Leben und es gibt Dinge, die uns Angst machen. Manchmal rät uns die Angst auch zur Vorsicht und kann uns in manchen Situationen schützen. Der Aufruf „Fürchtet euch nicht“ soll in uns etwas Positives bewirken. Das heißt, mehr auf die eigene Stimme hören, das zu machen, was einem immer schon eine Herzensangelegenheit war, Zivilcourage zeigen und auch lernen, Krisen zu überwinden, seien es die eigenen oder die in unserer Gesellschaft.
Nelson Mandela hat einmal gesagt: „Meine größten Feinde waren nicht diejenigen, die mich ins Gefängnis gesteckt hatten oder mich gefangen hielten. Mein größter Feind war ich selbst. Ich fürchtete mich davor, zu sein, wer ich bin.“
Evangeliumskommentar als PDFAutor:Günter Mayer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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