Mit Pater Karl Wallner durch die Fastenzeit zum Fest der Auferstehung
Eine Zeit zum „Neuwerden“
Wie gut, dass es die Fastenzeit gibt! Wir brauchen ja dringend einen Einschnitt, damit unser Leben nicht wie ein Einheitsbreit dahinrinnt. Die Fastenzeit ist eine Chance. Sie soll eine spürbare Zäsur sein.
Ich finde, dass es für uns Christen eine ziemliche Blamage wäre, wenn wir die Fastenzeit nicht ernst nehmen. Es ist ja beschämend, dass in anderen Religionen das Fasten viel besser gehalten wird als bei uns. Es sollte uns nachdenklich stimmen, dass „die Welt“ das Fasten sehr intensiv wiederentdeckt hat. Ja, in unserer Wellness-Kultur macht man einen regelrechten Kult daraus. Es wäre schade, wenn wir das biblische Heilmittel des Fastens vernachlässigen.
Der Name „Fastenzeit“ hat sich fest eingebürgert in unserem deutschen Sprachschatz. Er ist aber nicht ganz korrekt. Man muss zunächst wissen, dass diese Zeit im Lateinischen einfach „Quadragesima“ heißt, also „Vierzig-Tage“. Das erinnert an Jesus, der vor seinem öffentlichen Wirken 40 Tage in der Wüste fastete (Matthäus 4,2). In der Bibel ist 40 eine besonders heilige Zahl: Sie drückt die Überwindung des Bösen, den Wandel vom Dunkel zum Licht, aus.
Vierzig steht für Reinigung: Die Sündflut dauert 40 Tage, dann öffnet Noah endlich das Fenster und entsendet die Taube (Genesis 8,6). Das Volk Israel irrt 40 Jahre lang in der Wüste umher, bis es endlich ins Gelobte Land gelangt (Numeri 32,13). Moses ist 40 Tage auf dem Berg Sinai, um dort von Gott das Gesetz zu empfangen (Exodus 24,18). Der Prophet Elija flieht vor der Königin Isebel für 40 Tage in die Wüste, um dann für den Kampf mit den heidnischen Priestern gerüstet zu sein (1 Könige 19,8). In der Bibel steht 40 für Verwandlung und Neuwerden! Eine menschliche Schwangerschaft dauert 40 Wochen: Dann erblickt das Neugeborene das Licht der Welt.
Es geht um Ostern
Wenn wir jetzt die heiligen 40 Tage halten, dann geht es auch bei uns um ein Neuwerden. Es geht um ein Ziel. Wir bereiten uns auf das Fest aller Feste vor, auf die Freude aller Freuden: dass Christus von den Toten auferstanden ist. Darum lautet die korrekte deutsche Bezeichnung für die Quadragesima eigentlich „Österliche Buß- und Fastenzeit“. Freilich: Das ist ein komplizierter Begriff, den Theologieprofessoren am Schreibtisch erfunden haben und der sich im öffentlichen Leben nicht durchsetzen wird. Aber zumindest sollten wir davon wissen. Und wir sollten uns klarmachen, dass es der Kirche um das „Österliche“ geht!
Fasten ist kein Selbstzweck. Es geht nicht bloß darum, dass wir ein uns durch Fastenkuren entschlacken und psychologisch erleichtern. Die kirchliche Fastenzeit meint nicht eine Kampfansage gegen Fettleibigkeit. Wir brauchen die Osterperspektive, denn wir gehen auf eine große Freude zu: Christus hat den Stein vom Grabdeckel unserer Endlichkeit weggewälzt. Das wollen wir gereinigt und innerlich entschlackt feiern.
Konkret und realistisch
Ich möchte Sie einladen, einen guten Vorsatz im Bezug auf das Fasten zu fassen: konkret und realistisch. Der Ausdruck „Buß- und Fastenzeit“ erinnert uns daran, dass es um mehr als das leibliche Fasten geht: Es geht um eine Haltung der Buße.
Buße ist Kampf gegen das Negative in unserem Leben, gegen die Sünde. Ich bin ganz dafür, dass Sie sich vornehmen, richtig leiblich zu fasten. Lassen Sie die Nachspeise weg, verzichten Sie auf Süßigkeiten, oder, wenn Sie es ganz ordentlich wollen, essen Sie am Freitag – das ist der Tag, wo Christus gestorben ist – nur Wasser und Brot. Fasten Sie wirklich so, dass Sie bei Ihren Essgewohnheiten etwas zum Besseren ändern.
Wir Menschen bestehen aus Leib und Seele, und darum ist es gut und richtig, wenn wir mit dem Leib „spüren“, dass das eine besondere Zeit ist. Fassen Sie unbedingt einen realistischen Fastenvorsatz: Es ist noch nicht zu spät!
Aber nicht bloß der Körper soll sich entschlacken. Die „Österliche Buß- und Fastenzeit“ ist vor allem dazu da, dass wir unsere Seele entgiften. Denken Sie einmal konkret nach, wo es Lasten in Ihrem Leben gibt, die geheilt werden sollten: in den Beziehungen, in den Aufgaben, in dem Vergangenen. Beten Sie und lassen Sie sich von Gott sagen, was Sie konkret ändern sollten. Machen Sie dann einen guten Vorsatz, z. B.: vernachlässigte Freunde besuchen, sich Zeit nehmen für die Familie, zu jemandem besonders liebevoll sein, den man verletzt hat …
Sie müssen das selbst überlegen. Wenn Sie jetzt nichts ändern, wann dann?! In diesen heiligen 40 Tagen liegt eine besondere Gnade zum Neuwerden. Lassen wir uns auf das Abenteuer „Lebenserneuerung“ durch Buße und Fasten ein.
Am Ende steht die Gnade einer neuen Geburt.
P. Karl Wallner OCist
Autor:Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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