Selig in der Politik: Alberto Marvelli
Wenn es notwendig ist, muss man alles riskieren

Unerschrockener Kämpfer: Alberto Marvelli war immer für die Menschen da. | Foto: Wikicommons
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Ein kurzes Leben, das doch ganz heil war. Alberto Marvelli war ein überzeugter Aktivist in der Katholischen Aktion und engagierte sich politisch. Was machte das Leben des jung verstorbenen Italieners so besonders?

Der 8. Oktober 1946 war mehr ein Triumphzug denn ein Begräbnis in Rimini: Da gab es den sozialistischen Bürgermeister, einen rund drei Kilometer langen Trauerzug, die Glocken läuteten, die Geschäfte blieben geschlossen. Wer wurde hier zur Grabe getragen?

Alberto Marvelli, gerade 28 Jahre jung, ein Ingenieur, ein Politiker und ein Katholik, war tragischerweise bei einem Autounfall gestorben. Geboren 1918 in Ferrara, lebte er seit 1930 in Rimini. Die Mutter war jung verwitwet, ihre sechs Kinder wuchsen einfach auf, aber alle schlossen eine Schulausbildung ab. Alberto absolvierte ein Maschinenbaustudium in Bologna und arbeitete dann bei FIAT in Turin. Hier veranstaltete der Ingenieur Konferenzen, Pilgerfahrten und Initiativen für Arme.

Ihm fehlte sicher nicht der Mut
Seinen Mut bewies er während der deutschen Besatzungszeit, indem er zahlreiche Menschen vor der Deportation in ein Konzentrationslager bewahrte. Hier hatte er seine eigene Strategie: Er schloss jede Zusammenarbeit mit den Faschisten aus, entschied, keine Waffen von den Partisanen zu nehmen und blieb einfach nur unter seinen Leuten, um ihnen mit seiner ganzen Kraft zu helfen. Marvelli lief unermüdlich unter Fliegeralarmen, Bombenanschlägen und Maschinengewehrbeschuss herum, wie er selbst schrieb. Wer versuchte, ihn von den vielen Gefahren fernzuhalten, dem antwortete er: „Wenn es notwendig ist, muss man alles riskieren“.

Sein Engagement begann schon in seiner Jugend. Geprägt durch die Salesianer Don Boscos, bei denen er seine Freizeit verbrachte, wurde er mit nur 18 Jahren zum Präsidenten der italienischen Katholischen Aktion gewählt. Nach dem Krieg wurde er Mitglied im Rat für öffentliche Arbeiten und Leiter einer Kommission, die Wohnraum an Vertriebene verteilte. Er gründete eine Bauarbeitergenossenschaft. Als die Parteien wieder zugelassen wurden, arbeitete Alberto in einer Gruppe, die von Alcide De Gasperi (1881-1951) geleitet wurde, dem späteren Ministerpräsidenten Italiens und Vorsitzenden der Democrazia Cristiana. Die geistige Stimmung prägte ihn. Er schrieb: „Man muss das nationale und internationale Recht auf christlicher Basis gründen.“ Als er sich für die aktive Politik entschied, wurde er vor allem von der „Azione cattolica“ für diese Entscheidung kritisiert. Einige verstanden nicht und waren nicht damit einverstanden, dass er sich öffentlich in der Politik einsetzte. Er wurde zu öffentlichen Stellungnahmen eingeladen und erklärte: „Dies ist nun mein Apostolat.“

Wir grüßen den Sohn, den Bruder, der so viel Gutes auf dieser Erde gesät hat.

So wurde er Mitglied im Provinzausschuss der Christlichen Demokratischen Union. Im politischen Kampf stürzte er sich in die Verwaltungswahl von 1946. Die Auseinandersetzungen auf den Plätzen waren heftig: Pfeifen, Schreie, Schlägereien, beschädigte Lautsprecher. Man schreibt später: „Ingenieur Marvelli führt den Wahlkampf dennoch offen, kämpferisch und ohne Groll fort.“ Bei den ersten freien Wahlen wurde er zum Stadtrat gewählt. Seine Aktivitäten waren über Parteigrenzen hinweg anerkannt. Eine Gruppe von Kommunisten schrieb anlässlich seines Todes: „Wir verneigen uns ehrfürchtig und grüßen den Sohn, den Bruder, der so viel Gutes auf dieser Erde gesät hat.“

Autor:

Sophie Lauringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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