Biblische Figuren
Stoff, Draht und ein kleiner Heiligenschein
Biblische Figuren sind die Welt von Eva Schiffel. Seit vielen Jahren stellt sie welche her – aber nicht nur das: Ihr Wissen als Kursleiterin und Theologin gibt sie Interessierten weiter.
Eine Nähmaschine surrt im Hintergrund. Auf einem Tisch liegen verschiedene Stoffe. Es riecht nach frischem Kaffee und Tee. Frauen verschiedenen Alters wickeln und stopfen kleine Figuren, die vor ihnen liegen. Martina ist eine von ihnen. Sie macht seit zweieinhalb Jahren beim Figuren-Workshop von Eva Schiffel mit. „Um weitere Bibelfiguren herzustellen“, wie sie sagt. Eva Schiffel eröffnet den dreitägigen Workshop mit einer kurzen Vorstellungsrunde.
Nicht nur heute – sondern öfters im Jahr lädt die pensionierte Pastoralassistentin zur Fertigung biblischer Figuren nach Gumpoldskirchen südlich von Wien.
Auf zwei Bleifüßen
„Ich mache heute einen Hirten“, erzählt Martina, während sie einen kleinen Kopf vorsichtig aus Styrodur schleift. Der Ursprung der biblischen Erzählfiguren liegt in der Schweiz. Im Jahr 1964 gestaltete Ordensschwester Anita Derungs die erste Krippenfigur. Schnell bildete sich ein Kreis begeisterter Frauen, die viele Ideen zur Weiterentwicklung umsetzten und nicht nur im deutschen Sprachraum verbreiteten. Ort des Geschehens war Schwarzenberg in der Nähe von Luzern – deswegen auch der Name „Schwarzenberger Erzählfiguren“. Dort kam Pastoralassistentin Eva Schiffel erstmals mit den Figuren in Berührung.
Nicht ohne Hirtenstab und Tonvase
Jede Figur sei einzigartig und entwickle sich in mehreren Arbeitsschritten zu einer eigenen Persönlichkeit, erzählt Eva Schiffel: „Ich kann mir vornehmen, einen Joseph zu machen. Dann wird daraus aber ein Jakobus.“ Durch den kreativen Prozess entstehe vieles und lässt jede Figur anders aussehen.
Der Korpus der Figuren bestehen aus Sisaldraht und die Füße aus Blei, die ihnen eine gewisse Standfestigkeit und Beweglichkeit verleihen. Nachdem am ersten Tag des Workshops die Grundfigur hergestellt wurde, wird diese am zweiten angekleidet und erhält Haare und Schuhe. Accessoires wie ein Hirtenstab oder eine Tasche dürfen nicht fehlen, findet Martina; andere halten einen Korb, eine Tonvase oder ein Instrument in den Armen.
Die Figuren sollen die biblische Zeit widerspiegeln. Auf Wunsch können aber auch manche „moderne“ Figuren im Kurs entstehen – so zum Beispiel Märchenfiguren für die Arbeit im Kindergarten. Sieben bis zwölf Personen nehmen an einem Workshop teil. Eva Schiffel veranstaltet auch welche in Pfarren. Kinder wie Jugendliche, Mütter und Väter, Omas und Opas – alle arbeiten begeistert mit, freut sich die Künstlerin.
Drei Tage kosten ungefähr 100 Euro Teilnahmegebühr. Hinzu kommen noch die Materialkosten für jede Figur, die die TeilnehmerInnen gestalten. Nur rund 30 Zentimeter sind die biblischen Figuren groß; Schafe, Esel oder Ochsen sind etwas kleiner.
Im Evangelischen Bibelzentrum zeigte Eva Schiffel eine Ausstellung zum Thema „Mose“. Über 120 Schulklassen besuchten sie innerhalb weniger Monate; absolvierten hier Workshops; bewegten ihre biblischen Figuren zu verschiedenen Szenen und Motiven. „Sie hauchten ihnen Leben ein“, freut sich die Kursleiterin.
Wie bei einer Geburt
Der Hirte und die heilige Familie von Martina sind bereits im Fertigwerden. Nur das Gewand fehlt noch. Wie alle anderen haben auch diese Figuren kein Gesicht, damit sie nicht auf einen Ausdruck festgelegt werden. „Gemeinsam mit meiner Tochter habe ich bis heute über 30 Figuren gestaltet“, sagt Martina. Allein der Entstehungsprozess sei für sie jedes Mal etwas ganz Besonderes und Einzigartiges, wie eine Geburt. „Ich lerne immer wieder Neues dazu – und habe schon viele neue Freundschaften geschlossen.“
Infos
Es gibt zwei Biblische ErzählfigurenKoffer, die man einzeln oder zusammen beim Leihservice des Bereiches Bibel – Liturgie – Kirchenraum im Pastoralamt bestellen und dann beim Behelfsdienst der Erzdiözese Wien abholen kann.
Der Verleih ist gratis, ausgenommen allfällige Reparatur oder Ersatzkosten.
Jeder Koffer beinhaltet 13 Figuren von Erwachsenen, zwei Kinder, zwei Babys und einiges Zubehör. Sie sollen in Pfarren und an kirchlichen Orten das methodische Arbeiten mit Biblischen Erzählfiguren ermöglichen, da man ja meist dazu nicht genügend Figuren vor Ort hat.
Autor:Christopher Erben aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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