Meinung
Mut und Zuversicht
Erhard Busek hat vor vielen Jahrzehnten ein Buch mit dem Titel „Mut zum aufrechten Gang“ geschrieben. Er hat in Österreich Bürgertugenden eingefordert und politische Chancen, sie umsetzen zu können. Tatsächlich mangelt es in Österreich nicht an republikanischer Gesinnung des Einzelnen und der Zivilgesellschaft. Aber es mangelt an der Überzeugung, dass sich damit etwas im öffentlichen Leben bewirken lässt. Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka hat später über die „Windstille“ im allmächtigen Parteienstaat geschrieben. Nun sind die Zeiten stürmisch geworden, und wir sind als Bürger mehrheitlich über stabile Institutionen und rationale Politik froh. Aber gleichzeitig zeigen alle Umfragen, dass das Vertrauen in Politik und Politiker immer geringer wird. Mein Fazit lautet, dass sich die Demokratie abschafft, wenn Politik für alles zuständig und an allem schuld ist.
Mut und Zuversicht lässt sich nicht mithilfe von noch so klugen Marketingstrategien von politischen Kabinetten nachhaltig schaffen. Ich würde so weit gehen, zu sagen, dass „Bürgersinn“ für eine offene Gesellschaft um vieles wichtiger ist als jedes noch so kluge und unvermeidliche staatliche Eingreifen in gesellschaftliche Angelegenheiten. Wenn in den letzten Jahren die „Schönheit“ unserer Verfassung zurecht sehr gelobt wurde, dann darf dabei nicht ihr wichtigster Grundsatz vergessen werden, der bestimmt, dass Österreich eine demokratische Republik ist, in der das Recht vom Volk ausgeht.
Die Chancen, sich in die eigenen Angelegenheiten einmischen zu können, sind in Österreich ausbaufähig, aber gerade in Krisenzeiten unverzichtbar. Ein Ruf nach dem „Staat“ als Problemlöser ist in Krisenzeiten verständlich, aber er stärkt nicht Mut und Zuversicht, sondern macht jeden Bürger tendenziell ein Stück weniger frei. Demokratien müssen ihren einzelnen Bürgern und der selbstorganisierten Zivilgesellschaft mehr Mitsprache bei politischen Entscheidungen geben. Für mehr Zuversicht und Vertrauen in den demokratischen Prozess und in die rechtsstaatlichen Institutionen ist eine „Wahltagsdemokratie“ nicht mehr sachadäquat. In multiplen Krisen können Mut und Zuversicht nur mit multipler Bürgerbeteiligung an Entscheidungsprozessen (inklusive direkter Demokratie) erreicht werden. Politische Prozesse brauchen Transparenz, Kontrolle und viel mehr Chancen zu wirklicher Bürgerbeteiligung. Im Unterschied zu totalitären Regimen können wir „mehr Demokratie wagen“.
Der Kommentar drückt die persönliche Meinung des Autors aus!
Emil Brix referiert bei der Herbsttagung des Katholischen Akademikerverbandes am 25. November im Kardinal König Haus. Info und Anmeldung:kavoe.at
Autor:Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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