Zentraler Auftrag der Kirche:
Missbrauch vorbeugen
Sabine Ruppert ist die neue Leiterin der Stabstelle für Missbrauchs- und Gewaltprävention in der Erzdiözese Wien. Jeder, sagt sie, soll seine eigenen Grenzen und die des anderen wahrnehmen und respektieren.
Sabine Ruppert übt – neben ihrem Job – eine spannende Tätigkeit aus. Seit sieben Jahren ist die 49-Jährige in der Menschenrechtskommission der Volksanwaltschaft. Als ausgebildete Krankenpflegerin und Pflegewissenschaftlerin ist die Wienerin eine der Experten, die unangekündigt Einrichtungen wie Gefängnisse, Pflegeheime oder Krankenhäuser besuchen. „Wir sind mindestens zu zweit und schauen, ob die Menschenrechte dort gewahrt werden.“ An Orten also, an denen es zu Einschränkungen von persönlicher Freiheit kommt oder kommen kann, überprüfen Menschen wie Sabine, ob Macht und Gewalt ungerechtfertigt ausgeübt werden.
Sabine erinnert sich an einen Besuch in einem Pflegeheim: „Ich hatte dort eine Art Aha-Erlebnis. Zwischen zwei Stationen hat es einen eklatanten Unterschied gegeben, den die Haltung der Stationsführung ausgemacht hat. In der einen Station sind die Leute um 16 Uhr noch beim Kartenspielen und Reden zusammengesessen, dort wurde ihre Autonomie gefördert. In der anderen waren um diese Zeit bereits alle im Bett.“
Nähe und Distanz lernen
Um Macht, Gewalt und die Wahrung persönlicher Rechte geht es auch bei Sabines Aufgabe als Leiterin der Stabstelle für Missbrauchs- und Gewaltprävention in der Erzdiözese Wien. Seit Anfang März hat Sabine diese Position inne. „Mein Aufgabengebiet ist breit gefächert. Ich konzipiere Workshops, Fort- und Weiterbildungen für Mitarbeiter in der Erzdiözese und führe diese durch. Zum Beispiel für ehren- oder hauptamtliche Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit. Außerdem betreue ich die Präventionsbeauftragten in den Pfarren und halte Vorträge“, sagt Sabine.
Es geht ihr darum, in einer großen Einrichtung wie der Erzdiözese Wien Strukturen zu bewahren und zu schaffen, in denen Missbrauch – sexuell, psychisch oder spirituell – gar nicht erst passiert. Denn Strukturen, und damit unter anderem einhergehend hilfreiches Behelfsmaterial, helfen in der Durchsetzung von wichtigen Prinzipien.
Ganz grundlegend geht es ihr bei Schulungen darum, „dass die Menschen Nähe und Distanz, die eigenen Grenzen und die Grenzen der anderen gut wahrnehmen lernen. Damit die Autonomie des einzelnen gefördert wird und er sich so entwickeln kann, wie er gerne möchte.“
Zuständig für die alltäglichen Sorgen
Macht, sagt Sabine, ist nichts Schlechtes. „Aber ich muss mit der Macht und mit der Verantwortung, die ich habe, umgehen können.“ Der Glaube an einen liebenden Gott ist Sabine für ihre Arbeit Fundament und Motivation. „Glaube ist für mich befreiend und bedeutet, für die Schwachen und die Randgruppen da zu sein. Gerade auf die besonders vulnerablen Menschen – Kinder, Menschen mit Behinderung psychisch Kranke – zu schauen.“
Privat ist die gebürtige Niederösterreicherin in der Gemeinde St. Anton in Wien Favoriten ehrenamtlich tätig. Dort hat sie in der Gemeindeleitung Verantwortung. „Das ist Lernen in der Praxis“, sagt Sabine und lacht. „Die große Erkenntnis für mich ist: Die Leute kommen vor allem mit den Alltagsproblemen. Ich bin wie eine Klagemauer für alles, zum Beispiel wenn die Toilette kaputt oder eine Glühbirne ausgefallen ist.“ Es geht viel um Konfliktlösung und –bewältigung.
Ihr berufliches Herzensthema begleitet sie auch beim Ehrenamt: „Ich habe zum Beispiel am Schriftenstand den Folder von der Frauennotrufstelle aufgelegt.“ Schutz vor Gewalt und die Förderung von Autonomie ist ihr auch in der Gemeindearbeit wichtig.
Autor:Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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